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Amyloidose – eine Erkrankung mit vielen Gesichtern

Die Amyloidose ist eine seltene Erkrankung mit unterschiedlichen Ursachen, bei der sich fehlgefaltete Eiweiße im Körper ablagern und zu Funktionsstörungen der betroffenen Organe führen. Je nachdem, in welchem Organ sich die Ablagerungen befinden, kommt es zu unterschiedlichen Symptomen. Die Diagnostik und die Behandlung der Amyloidose haben sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verbessert. Voraussetzung für den Erfolg einer Behandlung ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

  • Was ist eine Amyloidose?

    Um ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können, falten sich Eiweiße zu dreidimensionalen Formen. Entstehen Fehler bei der Faltung, verklumpen die Eiweiße und können nicht mehr ausgeschieden werden. Diese Abfallprodukte sammeln sich in den Geweben und Organen an und schädigen diese.

    Lagern sich die unlöslichen Eiweißklumpen an dem Ort ab, an dem sie entstehen, spricht man von einer lokalen Amyloidose. Diese Form der Amyloidose ist selten. Typische Orte für lokale Amyloidosen sind Lunge, Kehlkopf, Darm, Haut und Harnblase. Oft wird die Diagnose zufällig gestellt.

    In der Regel ist die Amyloidose eine systemische Erkrankung, d. h. die unlöslichen Eiweißklumpen entstehen an einem Ort im Körper wie z. B. dem Knochenmark und lagern sich an einem anderen Ort ab. Wo sich die fehlerhaften Eiweiße ansammeln, hängt von der Art der Eiweiße ab. Jedes Organ kann betroffen sein. Häufig betroffene Organe sind das Herz, die Nieren, das Nervensystem, die Leber und der Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt). Die Eiweißklumpen beeinträchtigen die Funktion der Organe und schädigen diese. Die Veränderungen sind irreversibel. In anderen Worten: Haben sich die Eiweiße einmal abgelagert, kann das nicht rückgängig gemacht werden.

  • Was sind die Ursachen einer Amyloidose?

    Beim Menschen sind bisher mehr als 30 Eiweiße bekannt, die zu einer Amyloidose führen können. Je nach der Art des zugrundeliegenden Eiweißes, werden verschiedene Amyloidose-Formen unterschieden.

    Amyloidosen können als Folge von Erkrankungen des Knochenmarks oder von chronisch-entzündlichen Erkrankungen auftreten. Man spricht von erworbenen Amyloidosen.

    Eine häufige Form ist die Leichtketten-Amyloidose, der eine meist nicht bösartige Erkrankung des Knochenmarks zugrunde liegt. Nur selten wird sie durch bösartige Erkrankungen wie das Multiple Myelom oder B-Zell-Lymphome verursacht. Bei der Leichtketten-Amyloidose bilden Zellen die sogenannten Plasmazellen im Knochenmark Eiweiße, die sogenannten Leichtketten, und geben sie ins Blut ab. Durch Fehlfaltung der Leichtketten kommt es zur Ablagerung in verschiedenen Organen, wobei das Herz und die Nieren am häufigsten betroffen sind.

    Daneben können Amyloidosen mit verschiedenen entzündlichen Grunderkrankungen assoziiert sein. So können Amyloidosen nach einigen Jahren der Krankheitsaktivität in Folge von rheumatischen und autoimmunen Erkrankungen oder chronischen Infektionen auftreten. Dabei regen Entzündungsfaktoren die Leber an, Amyloid zu bilden. Das Amyloid lagert sich dann vor allem in den Nieren und in der Leber ab.

    Amyloidosen können auch durch genetische Veränderungen bedingt sein und familiär gehäuft auftreten. Diese sogenannten hereditären Formen machen nur ca. 5 % aller Amyloidosen aus. Am häufigsten sind Veränderungen in einem Gen, das für die Bildung von Transthyretin verantwortlich ist. Dieses Eiweiß entsteht in der Leber und transportiert im Blut die Schilddrüsenhormone zu den unterschiedlichen Organen. Das genetisch veränderte Transthyretin lagert sich vor allem im Herz und im Nervensystem ab.

    Aber nicht immer liegt der Transthyretin-Amyloidose ein verändertes Gen zugrunde. Auch erworbene Formen sind bekannt. Betroffen sind überwiegend ältere Menschen. Die Ursache ist unbekannt. Neben dem Herz lagert sich das Transthyretin vor allem in den Weichteilen ab. Häufig berichten die Betroffenen von Operationen bei Karpaltunnelsyndrom. Auch Spinalkanalstenosen und Bizepssehnenabrisse kommen bei dieser Form der Amyloidose gehäuft vor.  

  • Wie äußert sich eine Amyloidose?

    In der Frühphase der Erkrankung sind die Beschwerden vielgestaltig und allgemein. Erste Symptome einer Amyloidose können Müdigkeit und eine Abnahme der körperlichen Belastbarkeit, sowie Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sein. Im Verlauf sind die Beschwerden dann abhängig vom betroffenen Organ.

    • Herz: Kurzatmigkeit bei Belastung, Wassereinlagerungen in den Beinen, Herzklopfen und Herzrasen, niedriger Blutdruck
    • Niere: Wassereinlagerungen, schäumender Urin
    • Leber: Vergrößerung der Leber, Flüssigkeit im Bauch (Aszites)
    • Magen-Darm-Kanal: Schluckbeschwerden, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Durchfälle, Verstopfung, Blutungen
    • Nervensystem: Missempfindungen, Schmerzen, Gefühlsstörungen, Erektionsstörungen, Blasenentleerungsstörungen, Durchfälle, Verstopfung, Schwindel
    • Lunge: Gefühl des erschwerten Atmens, Husten
    • Weichteile und weitere Manifestationen: Vergrößerung der Zunge, Hautblutungen z. B. an den Augenlidern, Heiserkeit, Karpaltunnelsyndrom, Muskelschwäche, Gelenkschwellungen, Vergrößerung der Milz
  • Wie wird eine Amyloidose diagnostiziert?

    Als Erstes wird Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt Ihre Krankheitsgeschichte und Ihre Beschwerden erfragen und im Anschluss eine körperliche Untersuchung durchführen.

    Um eine Amyloidose feststellen zu können, müssen die Eiweißablagerungen in einer Gewebeprobe nachgewiesen werden. Häufig reicht es aus, Unterhautfettgewebe z. B. vom Bauch oder kleine Speicheldrüsen der Mundschleimhaut zu untersuchen. Diese Gewebeproben können schonend gewonnen werden. Eine direkte Gewebeentnahme vom betroffenen Organ ist nur dann notwendig, wenn der Nachweis der Eiweißablagerungen im Fettgewebe oder der Schleimhaut nicht gelang und der Verdacht einer Amyloidose fortbesteht. Die Gewebeprobe wird mittels spezieller Techniken in einem Labor angefärbt und unter dem Mikroskop untersucht. So können die Ablagerungen gesehen und die Diagnose einer Amyloidose gestellt werden. In weiteren Untersuchungen wird der Typ des Amyloids (das abgelagerte Eiweiß) bestimmt. Dies ist wichtig, um festzulegen, welche weiteren Untersuchungen notwendig sind und welche Behandlungen möglich sind.

    Im nächsten Schritt werden verschiedene Untersuchungen veranlasst, um Organschäden durch die Amyloidose zu erkennen oder auszuschließen. Die genaue Erfassung der Organbeteiligung ist für die Planung der Behandlung sehr wichtig. Hierzu können Laboruntersuchungen und verschiedene bildgebende Verfahren wie z. B. eine Ultraschalluntersuchung des Herzens veranlasst werden.

    Bei den hereditären Amyloidosen werden zudem die Gene auf krankmachende Veränderungen untersucht.

  • Wie wird eine Amyloidose behandelt?

    Lokale Amyloidosen können lokal-chirurgisch oder gar nicht behandelt werden.

    Systemische Amyloidosen erfordern eine systemische Behandlung mit Medikamenten, die die Bildung des Amyloids unterdrücken und die Funktion der geschädigten Organe unterstützen. Welche Medikamente eingesetzt werden, richtet sich nach der Ursache der Erkrankung und dem Organbefall, aber auch das Alter und der Allgemeinzustand werden bei der Wahl der Behandlung berücksichtigt.

    So werden bei der Leichtketten-Amyloidose chemotherapeutische Medikamente gegen die Amyloid-bildenden Plasmazellen eingesetzt. Die verwendeten Substanzen sind überwiegend die gleichen, wie zur Behandlung des Multiplen Myeloms, einer Erkrankung, die durch bösartig veränderte Plasmazellen im Knochenmark verursacht wird.

    Die Behandlung der entzündlich bedingten Amyloidosen richtet sich auf die zugrunde liegende Erkrankung und die Kontrolle der Entzündung.

    Bei der hereditären Transthyretin-Amyloidose war lange Zeit die Lebertransplantation die einzige Behandlungsmöglichkeit. Durch die Entwicklung neuer Medikamente verliert sie an Bedeutung. Zum einen werden Substanzen eingesetzt, die die Bildung von Transthyretin in der Leber hemmen. Andere Medikamente festigen und stabilisieren das Eiweiß. Diese Medikamente werden auch bei der nicht erblichen Form der Transthyretin-Amyloidose eingesetzt.

  • Prognose bei einer Amyloidose

    Lokale Amyloidosen sind meist gutartige Erkrankungen und haben eine gute Prognose. Ein Übergang in eine systemische Amyloidose tritt nicht auf.

    Die Diagnostik und die Behandlung der systemischen Amyloidosen haben sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verbessert. Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist die frühzeitige Diagnose. Wird die Erkrankung erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt, können bereits irreversible Organschäden vorhanden und die Funktion der betroffenen Organe deutlich eingeschränkt sein. Insbesondere die Schwere der Herzbeteiligung ist für die Prognose entscheidend. Hoffnung ruht deshalb auf neuen Substanzen, die sich direkt gegen das Amyloid richten, das sich in den Organen abgelagert hat. Diese neuen medikamentösen Therapieansätze werden aktuell klinisch untersucht.

  • Über diesen Artikel

    Autor: Redaktion, Katrin Repkow, Katharina Puhr

    Erstellt: 16.06.2021

    Literatur:

    • Muchtar E, Dispenzieri A, Magen H, et al. Systemic amyloidosis from A (AA) to T (ATTR): a review. J Intern Med 2021;289:268-292.
    • Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO). Onkopedia-Leitlinie Amyloidose (Leichtketten (AL)-Amyloidose) https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/amyloidose-leichtketten-al-amyloidose/@@guideline/html/index.html; abgerufen am 17.03.2021.
    • Ihne S, Morbach C, Sommer C, Geier A, Knop S, Störk S. Amyloidose – Diagnostik und Therapie einer unterdiagnostizierten Erkrankung. Dtsch Arztebl International 2020;117:159-166.
    • Hegenbart U, Schönland S. Praktische Aspekte in Diagnostik und Therapie der Amyloidose. Tägliche Praxis 2019;62:243-249.
    • Schönland S, Blank N, Kristen AV, Beimler J, Ganten T, Hegenbart U. Systemische Amyloidosen. Internist (Berl) 2012;53:51-64.

     

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