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Angiografie: Radiologische Darstellung der Blutgefäße

Die Angiografie wurde bereits 1923/1924 eingeführt und wird heutzutage neben der ärztlichen Anamnese, der körperlichen sowie der sonografischen Untersuchung zur radiologischen Darstellung von Blutgefäßen durchgeführt. Die herkömmliche Angiografie bietet zudem den Vorteil, eine krankhafte Gefäßveränderung sowohl exakt zu diagnostizieren als auch gleichzeitig behandeln zu können. 

  • Was ist eine Angiografie?

    Die Angiografie ist die radiologische Darstellung von Blutgefäßen durch eine Röntgenuntersuchung (konventionelle Angiografie), Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT). Hierbei werden die Gefäße meist nach Gabe eines Kontrastmittels sichtbar gemacht, das entstehende Gefäßbild wird als Angiogramm bezeichnet. Je nach Art der dargestellten Gefäße wird die Angiografie in eine Arteriografie (Darstellung der Arterien), eine Phlebografie (Darstellung der Venen) und eine Lymphografie (Darstellung der Lymphgefäße) eingeteilt. Neben der Diagnostik bietet die konventionelle Angiografie zudem den Vorteil, eine vorliegende Gefäßerkrankung zeitgleich behandeln zu können. 

  • Wann wird eine Angiografie durchgeführt?

    Herz

    Eine Angiografie am Herz wird bei Verdacht auf eine Erkrankung der Herzkranzgefäße bei Herzbeschwerden (Angina pectoris) oder Herzinfarkt durchgeführt. Sie bildet die Herzkranzgefäße mit ggf. vorliegenden Verengungen oder gar Verschlüssen exakt radiologisch ab und bietet die Möglichkeit, krankhafte Veränderungen in der gleichen Sitzung zu behandeln. Auch können bei einer Koronar-Angiografie die Größe der Herzinnenräume, die Funktionen der Herzlappen und des Herzmuskels beurteilt und therapeutische Schlüsse hieraus gezogen werden. 

    Gehirn 

    Eine Gefäßdarstellung des Gehirns (zerebrale Angiografie) kann bei Verdacht auf Erkrankungen der Gefäße des Gehirns sowie der zuführenden Gefäße im Halsbereich angezeigt sein. Mit der zerebralen Angiografie können Gefäßverkalkungen, -verschlüsse und -aussackungen sowie Blutungen oder Tumorerkrankungen des Gehirns und venöse Thrombosen diagnostiziert werden. 

    Auge

    Zur Beurteilung der feinen Blutgefäße der Netzhaut im Auge kann eine Gefäßdarstellung mit einem speziellen Farbstoff herangezogen werden (Fluoreszenz-Angiografie). Des Weiteren ermöglicht die Optische Kohärenztomographie (OCT-Angiografie) eine dreidimensionale Darstellung von Gefäßen aus unterschiedlichen Schichten der Netzhaut.

    Extremitäten

    Bei atherosklerotisch veränderten Becken- und Beingefäßen sowie Gefäßen der oberen Extremitäten (pAVK) dient die Arteriografie dem Nachweis von Gefäßverengungen oder -verschlüssen. Die Arteriografie ermöglicht dabei die exakte Beurteilung des anatomischen Verlaufs des Gefäßes sowie der Länge, des Grades und der Anzahl der Passage-Hindernisse des betroffenen Gefäßes.

    Innere Organe

    Auch bei Verdacht auf Aussackungen oder anderen Gefäßerkrankungen von inneren Organen, wie z. B. der Niere, kann eine Arteriografie zum Einsatz kommen.

    Phlebografie

    Mit der Phlebografie werden das Venensystem und seine möglichen krankhaften Veränderungen dargestellt. Eine Phlebografie kann daher beispielsweise bei Verdacht auf eine Venenthrombose der Beine und unklarem sonographischen Befund oder auch zur Therapieplanung einer Krampfaderbehandlung durchgeführt werden. Allerdings kommt sie heutzutage nur selten zum Einsatz, da andere Verfahren bevorzugt werden.  

    Lymphografie

    Die Lymphografie – die Darstellung der Lymphgefäße – kann bei Abflussstörungen der Lymphe angezeigt sein. 

  • Welche Methoden der Angiografie gibt es?

    Konventionelle Angiografie

    Bei der konventionellen Angiografie wird meist unter örtlicher Betäubung zunächst ein Katheter, also ein biegsamer, dünner Kunststoffschlauch, in das Gefäßsystem eingeführt und unter Röntgenkontrolle bis kurz vor den zu untersuchenden Gefäßabschnitt vorgeschoben. Nach Injektion des Kontrastmittels werden Röntgenaufnahmen der entsprechenden Körperregion angefertigt. Da das Kontrastmittel die Röntgenstrahlen absorbiert, können die Gefäßinnenräume und etwaige Veränderungen exakt auf dem Angiogramm dargestellt werden. Im Rahmen einer konventionellen Angiografie können Eingriffe, wie das Einbringen einer Gefäßstütze (Stent), durchgeführt werden.

    Eine spezielle Methode der konventionellen Gefäßdarstellung ist die digitale Subtraktionsangiografie. Hierbei werden radiologische Aufnahmen der zu untersuchenden Körperregion vor (Leeraufnahme) und nach der Kontrastmittel-Gabe gemacht. Störende, identische Bildbereiche (z. B. Knochen) können computergestützt entfernt und kontrastmittelgefüllte Gefäße dadurch besonders deutlich hervorgehoben werden. 

    Mögliche Komplikationen:

    • Blutergüsse, Nachblutungen oder Aussackungen der punktierten Arterie
    • Gefäßverletzungen, Bildung von Blutgerinnseln
    • Allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel
    • Beeinträchtigung der Niere, Schilddrüsenüberfunktion (bei jodhaltigem Kontrastmittel)
    • Strahlenexposition

    MR-Angiografie 

    Die MR-Angiografie ist ein diagnostisches Verfahren zur Darstellung von Blutgefäßen, das auf der Technik der Magnetresonanztomografie beruht. Eine Belastung durch Röntgenstrahlen entfällt. Zudem muss bei der MR-Angiografie im Gegensatz zur konventionellen Angiografie das Kontrastmittel nicht direkt in das darzustellende Gefäß gespritzt, sondern kann über eine Armvene verabreicht werden. Außerdem ist eine Aufnahme ohne Kontrastmittelgabe grundsätzlich möglich. Die Bildqualität der MR-Angiografie ist mit der Bildqualität des konventionellen Verfahrens gleichwertig. Zudem kann zusätzlich zu der zweidimensionalen Darstellung ein dreidimensionales Modell der Gefäße computergestützt errechnet werden. Allerdings kann es durch Metalle (z. B. Stents) zu Artefakten im Bild kommen und die Untersuchung dauert vergleichsweise lang.

    CT-Angiografie 

    Die CT-Angiografie wird in einem Mehrschicht-CT durchgeführt. Nach intravenöser Injektion eines jodhaltigen Kontrastmittels über die Armvene wird die interessierende Gefäßregion röntgenologisch gescannt und im Anschluss computergestützt sowohl als zwei- als auch dreidimensionale Gefäßdarstellung aus dem Datensatz errechnet. Die hohe Strahlenbelastung ist ein Nachteil dieser Methode.

  • Gleichzeitige Behandlung – welche Verfahren sind möglich?

    Ein Vorteil der konventionellen Angiografie ist die Möglichkeit, krankhafte Gefäßveränderungen in derselben Sitzung zu behandeln. Hierbei bieten sich je nach Art des Gefäßes sowie Beschaffenheit und Länge des Passage-Hindernisses unterschiedliche Behandlungsverfahren (siehe endovaskuläre Therapie) an.

    Bei der Ballon-Angioplastie  werden Gefäßverengungen durch kontrolliertes Aufblasen eines Ballons aufgedehnt. Zudem kann zusätzlich zur Ballon-Aufdehnung eine Gefäßstütze (Stent) mit oder ohne Medikamenten-Freisetzung eingebracht werden. Auch notfallmäßige Eingriffe sind im Rahmen der konventionellen Angiografie möglich, wie beispielsweise die lokale Auflösung oder Absaugung eines Blutgerinnsels (Katheterlyse/Aspirationsthrombektomie). Dabei ermöglicht die wiederholte Kontrastmittel-Gabe über den Katheter während der Angiografie eine zielgenaue Platzierung des Katheters sowie die Kontrolle des Behandlungsergebnisses.

  • Nachbehandlung

    Nach einer konventionellen Angiografie wird ein Druckverband an der Zugangsstelle – meist am Unterarm oder der Leiste – angelegt, Bettruhe verordnet und der Patient für einige Stunden in der Klinik überwacht. Sollte gleichzeitig eine endovaskuläre Therapie durchgeführt worden sein, ist eine stationäre Aufnahme meist über Nacht notwendig. Je nachdem, welcher Eingriff durchgeführt wurde, ist eine weiterführende Blutverdünnung notwendig und eine optimale Behandlung der atherosklerotischen Risikofaktoren (siehe Atherosklerose) wichtig. Die CT- oder MR-Angiografie hingegen sind ambulante Verfahren, die keine speziellen Nachbehandlungen nach sich ziehen. 

  • Über diesen Artikel

    Autor: Redaktion / Dr. med. Anna Stechele

    Aktualisiert: 31.07.2023

    Literatur:

    • Lawall H et al. Clinical practice guideline: The diagnosis and treatment of peripheral arterial vascular disease. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 729-736.
    • Lommatzsch A. OCT-Angiografie. Klin Monbl Augenheilkd 2020; 237(1): 95-111.
    • Herold et al. Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6.
    • Wiemer M et al. Herzkatheter: Diagnostik und Intervention über die Arteria radialis. Kardiologe 2018; 12: 268–276.
    • Linnemann B et al. Diagnostik und Therapie der tiefen Venenthrombose und Lungenembolie – AWMF-S2k-Leitlinie. Stand: 11.01.2023.

    Bildnachweise: 

    • Titelbild und Illustration Koronar-Angiografie © Kalus / iStockphoto.com
    • Illustration Kathetereingriff © ChaNaWiT / iStock
    • Illustration Ballonangioplastie © Alila Medical Media / fotolia.de