
AV-Block
Ein AV-Block ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen. In leichten Fällen ist eine Behandlung nicht nötig, in schweren kann aber auch der Einsatz eines Herzschrittmachers nötig werden.
- Was versteht man unter einem AV-Block
Ein AV-Block oder atrioventrikulärer Block ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen. Hier ist die Weiterleitung der Erregung vom AV-Knoten (Atroventrikularknoten) zwischen den Herzvorhöfen (Vorhof: Atrium) und den Herzkammern (Ventrikel) verlangsamt oder unterbrochen. Der Herzschlag ist deswegen verlangsamt (Bradykardie). Bei einer hochgradigen Störung kann es im Extremfall zu einem Herzstillstand kommen.
Das Erregungsbildungs- und -leitungssystem des Herzens. © dpmed Herzrhythmus
Der Herzschlag wird durch elektrische Impulse gesteuert. Dazu verfügt das Herz über ein eigenes Erregungsbildungs- und Reizleitungssystem, d. h., diese Impulse entstehen und verbreiten sich in speziellen Zellsystemen des Herzmuskels.
Im Sinusknoten in der Wand des rechten Vorhofs, dem wichtigsten Schrittmacherzentrum, entstehen die elektrischen Erregungen für die rhythmischen Kontraktionen des Herzens. Über die Muskulatur des Vorhofs gelangt die elektrische Erregung zu einem weiteren Schrittmacherzentrum, dem AV-Knoten (= Atrio-Ventrikulär-Knoten), der am Boden des rechten Vorhofs dicht an der Grenze zwischen Vorhof und Kammer liegt. Vom AV-Knoten gelangt der elektrische Impuls über Leitungsbahnen in der Herzscheidewand bis zur Herzspitze und wird in den Herzmuskel übergeleitet.
Für eine effektive Kontraktion der Herzkammern muss die Erregung schnell weitergeleitet werden. Ausnahme: Im AV-Knoten wird die Erregung etwas verzögert, damit sich geordnet erst der Vorhof und dann die Kammern zusammenziehen. So wird eine ausreichende Füllung der Herzkammer mit Blut gewährleistet.
Bei einem AV-Block ist die Erregungsleitung vom AV-Knoten in den Herzmuskel verzögert oder fällt aus.
- Ursache
Ein AV-Block kann angeboren sein, beispielsweise bei angeborenen Herzfehlern, entzündlichen Erkrankungen der Mutter (z. B. Autoimmunkrankheiten) oder idiopathisch (ohne erkennbare Ursache), wenn beispielsweise die Komponenten des Erregungsleitungssystems keinen Kontakt zueinander haben.
Der im Laufe des Lebens erworbene AV-Block ist sehr viel häufiger. Die Mehrzahl der Fälle beruht auf Veränderungen des Herzens im Rahmen von Herzerkrankungen wie z. B. einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder anderen Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien). Auch eine Endokarditis, ein Myokardinfarkt und Infektionen mit Beteiligung des Herzens, neuromuskuläre Erkrankungen, Speicherkrankheiten, Krebserkrankungen oder Krankheiten des rheumatischen Formenkreises (Kollagenosen, rheumatoide Arthritis) können durch eine Schädigung des Herzmuskels zum AV-Block führen.
Durchblutungsstörungen, Herzoperationen und Herzkathetereingriffe zur Behandlung eines Vorhofflimmerns oder von bestimmten Tachykardien können ebenfalls einen AV-Block zur Folge haben.
Auch Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika) oder z. B. Betablocker und Herzglykoside können einen (auch nur vorübergehenden) AV-Block verursachen.
- Schweregrade
Bei einem AV-Block I. Grades ist die Erregungsweiterleitung verzögert, die Muskeln der Herzkammern ziehen sich verspätet zusammen. Diese Störung bleibt subjektiv unbemerkt und bedarf meist keiner Behandlung.
Bei einem AV-Block II. Grades fällt die Erregungsleitung teilweise aus. Dabei kann die Verzögerung im AV-Knoten zunehmen und schließlich so lang dauern, dass die Vorhoferregung gar nicht mehr übergeleitet wird und eine einzelne Kammerkontraktion ausfällt (Typ Wenckebach). Es gibt jedoch auch Formen, bei denen die Erregungsweiterleitung plötzlich ausfällt (Typ Mobitz)
Der AV-Block III. Grades ist dadurch gekennzeichnet, dass die Erregungsleitung zwischen Vorhof und Kammer komplett ausfällt (AV-Dissoziation). Die Kammer bleibt stehen oder schlägt in einem langsamen Ersatzrhythmus asynchron zu den Vorhöfen weiter. Ein AV-Block III. Grades ist ein typischer Grund für die Implantation eines Herzschrittmachers.
- Beschwerden
Ein AV-Block I. Grades verursacht meist keine Beschwerden und bleibt deswegen oft unbemerkt.
Beim AV-Block II. und III. Grades verlangsamt sich die Herzfrequenz hingegen stark. Sie kann von normalerweise 60 bis 80 Schlägen in der Minute auf unter 40 Schläge pro Minute abfallen. Dadurch wird nicht mehr genug Blut durch den Körper gepumpt und die Sauerstoffversorgung der Organe wird schlechter. Besonders das Gehirn ist vom Sauerstoffmangel betroffen: Es kommt zu Schwindel und es wird den Betroffenen schwarz vor Augen. Auch Ohnmachten und Bewusstlosigkeit können auftreten.
Im schlimmsten Fall – aber glücklicherweise sehr selten – kann ein lebensbedrohlicher Herzstillstand eintreten.Manchmal kann der Herzschlag noch ausreichen, um den Körper einigermaßen mit Sauerstoff zu versorgen. Die Patienten sind aber meist müde und wenig körperlich belastbar. Schon geringe körperliche Belastungen im Alltag sind dann anstrengend.
Insgesamt sind die Beschwerden häufig nicht eindeutig einem AV-Block als Ursache zuzuordnen, denn Schwindel oder Müdigkeit und Erschöpfung kommen auch bei vielen anderen Erkrankungen vor.
- Diagnose
Bedeutung eines Peaks im EKG. © dpmed Der AV-Block wird im EKG diagnostiziert.
An den „Zacken“ oder Wellen des EKGs sieht man, ob die Kontraktionen der Vorhöfe und Kammern vollständig und in den richtigen Zeitabständen erfolgen. So zeigt die P-Welle die Kontraktion der Vorhöfe, der QRS-Komplex die Kontraktion der Herzkammern und die T-Welle die Entspannungsphase der Herzkammern. Die PQ-Dauer entspricht in etwa der sogenannten Überleitungszeit (atrioventrikuläre Überleitungszeit), der Zeit, in der die Erregung vom Sinusknoten braucht, um über die Vorhöfe in die Herzkammern zu gelangen. Sie sorgt dafür, dass Vorhöfe und Kammern sich geordnet nacheinander und nicht gleichzeitig kontrahieren. Die Überleitungszeit hängt von der Geschwindigkeit der Erregungsleitung im AV-Knoten ab.
Beim Vorliegen eines AV-Blocks ist die Überleitungszeit verlängert. Im EKG ist dies an einer Verlängerung der PQ-Dauer zu sehen.
- Behandlung
Besteht der AV-Block auf der Basis einer Grunderkrankung, z. B. Herzmuskelentzündung, Herzinfarkt oder Infektionskrankheit, muss diese behandelt werden. Falls der AV-Block durch Medikamente verursacht wird, die sich auf die Überleitungszeit auswirken, werden diese durch den Arzt gegebenenfalls abgesetzt.
Der AV-Block I. Grades muss meist nicht behandelt werden. Nur wenn der Puls stark verlangsamt ist (Bradykardie), wird der Arzt Atropin einsetzen, um den Herzrhythmus zu beschleunigen.
Auch beim AV-Block II. Grades ist nicht in allen Fällen eine Behandlung erforderlich. Wenn die Patienten jedoch Beschwerden haben oder sogar schon bewusstlos geworden sind, muss meistens ein Herzschrittmacher implantiert werden. Der Herzschrittmacher übernimmt die Aufgaben des Sinus- und AV-Knotens, wenn der Herzschlag zu langsam wird.
- Hinweise
Ein AV-Block III. Grades kann zu einer lebensbedrohlichen Notfallsituation führen und im Extremfall eine Herz-Lungen-Wiederbelebung erfordern. Die Implantation eines Herzschrittmachers kann hier lebensrettend sein.
Nach der Implantation eines Herzschrittmachers sollten bestimmte Faktoren beachtet werden. So müssen Betroffene bei Sicherheitskontrollen am Flughafen beachten, dass der Schrittmacher durch die Metalldetektoren in seiner Funktion gestört werden kann. Direkt nach der Implantation sollten keine schweren Gewichte gehoben oder Armbewegungen oberhalb des Kopfes durchgeführt werden.