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Eingriffe zur Behandlung der Blutgefäße – ohne OP zum Erfolg

Eingriffe im Blutgefäß, auch endovaskuläre Eingriffe genannt, umfassen eine Gruppe an Behandlungsverfahren, bei der Passage-Hindernisse in Blutgefäßen (Stenosen) bei Atherosklerose oder Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel (Thrombosen, Embolien) ohne Operation beseitigt werden. Dabei wird ein Katheter, also ein biegsamer, dünner Kunststoffschlauch, in ein Blutgefäß eingebracht und unter Röntgenkontrolle zur Zielstruktur vorgeschoben, wo dann mit unterschiedlichen Techniken und je nach Erkrankung behandelt werden kann.

  • Was sind endovaskuläre Eingriffe?

    Als endovaskuläre Eingriffe werden verschiedene Eingriffe im Blutgefäß bezeichnet, zum Beispiel an den Becken- oder Beinarterien bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) , an den Blutgefäßen am Herzen oder im Gehirn.

    Ziel der endovaskulären Therapie ist die Beseitigung einer Gefäßenge oder gar eines Gefäßverschlusses mit Verbesserung der Durchblutungssituation und der damit verbundenen Beschwerden beispielsweise Schmerzen der Beine bei Belastung, Claudicatio intermittens, bei Brustschmerzen im Rahmen einer koronaren Herzkrankheit oder bei Symptomen nach einem Schlaganfall. Eine Operation ist hierbei nicht notwendig, der Zugang erfolgt über einen Katheter, der meist über die Leistenarterie oder über die Radialarterie am Arm eingebracht wird. Hierzu wird die Arterie punktiert und eine Art Schleuse gelegt, über die Katheter verschiedener Größe und Funktion eingesetzt und unter Röntgenkontrolle zielgenau in dem zu behandelnden Gefäß vorgeschoben werden.

    Zu den endovaskulären Eingriffen zählen Eingriffe wie eine Gefäßaufweitung mittels Ballon (Ballon-Angioplastie) mit oder ohne anschließendem Setzen einer Gefäßstütze (Stent). Auch Notfalleingriffe wie das Auflösen und Entfernen eines Blutgerinnsels bei einem akuten Gefäßverschluss können endovaskulär durchgeführt werden. 

  • Einsatzgebiete bei Gefäß- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

    Periphere arterielle Verschlusskrankheit

    Versagen bei der Therapie einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit die medikamentöse Behandlung und das gezielte Gehtraining, kann bei anhaltenden Beschwerden ein endovaskulärer Eingriff als weiterer Behandlungsschritt angezeigt sein. Er bietet folgende Vorteile: 

    • Risikoarm
    • Keine Narkose, nur örtliche Betäubung 
    • Kurzer Krankenhausaufenthalt 
    • Wiederholung möglich

    Bei schwierigen Gefäßverläufen oder komplizierten/mehreren Gefäßverschlüssen kann auch eine Kombination aus endovaskulärem und operativem Eingriff sinnvoll sein. Für eine individuell auf den Patienten bzw. die Patientin abgestimmte Behandlung ist die Versorgung in einem spezialisierten Zentrum mit einer gefäßchirurgischen Abteilung und einem speziellen Katheterlabor wichtig.

    Bildet sich bei einer bestehenden Verengung der Beingefäße zusätzlich ein Blutgerinnsel, kann es zu einem akuten (plötzlichen) Gefäßverschluss kommen. Möglich Anzeichen sind eine blasse, kühle Haut, Gefühlsstörungen, Taubheit, starke Schmerzen und manchmal auch Verlust der Bewegungsfunktion der betroffenen Gliedmaße. Hierbei handelt es sich um einen medizinischen Notfall und es sollten umgehend eine ärztliche Vorstellung und Therapie erfolgen. Nur so kann versucht werden, die Durchblutung des Beines wieder herzustellen und so die Extremität zu erhalten. Katheter-Verfahren kommen hier routinemäßig zum Einsatz.

    Herzkatheteruntersuchung/Herzinfarkt

    Endovaskuläre Therapien kommen oft bei Patienten mit frischem Herzinfarkt beziehungsweise bei Verdacht auf Herzinfarkt oder Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung zum Einsatz. Ziel ist es, dass der Herzmuskel wieder ausreichend durchblutet wird.

    Schlaganfall

    Bei Schlaganfällen, die durch einen Thrombus oder eine Embolie verursacht werden, kann je nach Dauer der Symptomatik und Zugänglichkeit des verschlossenen Blutgefäßes ebenfalls eine endovaskuläre Therapie in Frage kommen. Diese wird dann als Thrombektomie bezeichnet.

  • Einbringen des Katheters

    Der Eingriff erfolgt in vielen Fällen an wachen, nüchternen Patienten und oft nur in lokaler Betäubung. Um zu verhindern, dass sich plötzlich ein Blutgerinnsel bildet, wird vor Beginn des Eingriffs ein blutverdünnendes Medikament verabreicht.

    Für die Behandlung wird ein Katheter über eine Arterie in das Blutgefäß eingeführt, meist in die Radial- oder die Leistenarterie. Dazu wird nach örtlicher Betäubung und Punktion des Gefäßes eine sogenannte „Schleuse“ gelegt, über die Katheter verschiedener Größe und Funktion eingesetzt werden können. Über den Katheter kann während des Eingriffs Kontrastmittel in das Gefäßsystem eingespritzt werden. Dies ermöglicht eine zielgenaue Platzierung des Katheters und die Kontrolle des Behandlungsergebnisses nach Beseitigung der Gefäßenge.

     

  • Welche endovaskulären Techniken gibt es?

    Ballon-Angioplastie

    Bei einer Ballon-Angioplastie wird ein Ballonkatheter unter Röntgenkontrolle über die Gefäßenge hinaus vorgeschoben, der Ballon in der Mitte der Gefäßenge platziert und unter Röntgenkontrolle aufgeblasen. Dies kann gelegentlich leichte Beschwerden hervorrufen. Der aufgeblasene Ballon drückt die verengenden Ablagerungen an die Gefäßwand und beseitigt hierdurch das Passage-Hindernis. Das Ergebnis wird während des Eingriffs unter Kontrastmittel-Gabe am Röntgenmonitor kontrolliert. Sollte die Verengung nicht vollständig beseitigt sein, kann die Aufdehnung des Ballons wiederholt werden. Eine Weiterentwicklung stellt der Medikamenten-beschichtete Ballonkatheter dar. Hierbei wird der Wirkstoff während der Ballondilatation von der Ballonoberfläche direkt an die Gefäßwand abgegeben und verhindert überschüssiges Gewebewachstum. Anschließend wird der Ballonkatheter wieder entfernt.

    Einbringen einer Gefäßstütze (Stent)

    Auch kann im Rahmen einer Ballon-Angioplastie eine Gefäßstütze, ein sogenannter Stent eingebracht werden, der dauerhaft im Körper verbleibt. Ein Stent ist dabei ein Netzröhrchen, das nach Aufweitung die Gefäßwandablagerungen an die Gefäßwand drückt und das Gefäß offenhält und die Gefäßwand stabilisiert. Neben herkömmlichen Stents kommen auch Medikamenten-freisetzende Stents zum Einsatz, die über die Freisetzung von entzündungshemmenden Wirkstoffen dem erneuten Verschluss des Gefäßes vorbeugen. Auch bei diesem Eingriff wird die wiederhergestellte Durchgängigkeit des Gefäßes durch Kontrastmittel-Gabe am Röntgenmonitor kontrolliert, der Ballonkatheter am Ende des Eingriffes entfernt. 

    Thrombusaspritaion und/oder Thrombusextraktion

    Insbesondere bei Schlaganfällen kommen im Rahmen der endovaskulären Therapie die Techniken Thrombusaspiration (Absaugen des Thrombus) und Thrombusextraktion (Herausziehen des Thrombus) jeweils alleine oder in Kombination zum Einsatz. Hierbei wird mit einem sehr kleinen Spezialwerkzeug, das mit dem Katheter in das betroffene Blutgefäß eingebracht wird, versucht, das Blutgerinnsel zu entfernen, sodass das Gehirn anschließend wieder ausreichend mit Blut versorgt werden kann.

    Endovaskuläre Brachytherapie 

    Eine endovaskuläre Brachytherapie kommt nur noch sehr selten zum Einsatz, insbesondere dann, wenn sich nach einem endovaskulären Eingriff eine erneute Gefäßenge (Reststenose) bildet. Bei der endovaskulären Brachytherapie wird das Gefäß erneut per Ballon aufgeweitet und anschließend die Gefäßwand mit einer im Ballon enthaltenen Strahlenquelle direkt bestrahlt. Dies dient der Vorbeugung von entzündliche Gewebewucherungen, die eine Restenose verursachen können. Da die Strahlenquelle eine geringe Reichweite von wenigen Millimetern hat, wirkt sie lokal und hat keine schädlichen Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. 

  • Nachbehandlung

    Nach einem endovaskulären Eingriff wird ein Druckverband an der Zugangsstelle – der Leiste – angelegt und Bettruhe verordnet. Der Eingriff kann in Ausnahmefällen ambulant erfolgen, meist aber wird der Patient bzw. die Patientin eine Nacht in der Klinik überwacht. Je nachdem, welcher Eingriff durchgeführt wurde, ist eine weiterführende Blutverdünnung notwendig und eine optimale Behandlung der atherosklerotischen Risikofaktoren wichtig. Regelmäßige Vorstellungen beim Gefäßspezialisten sind zur Kontrolle und Erkennen von weiteren Engpässen empfohlen.

  • Auch die Ursache behandeln

    Eingriffe im Blutgefäß und operative Gefäßeingriffe helfen, Beschwerden zu lindern und die Durchblutung lokal zu verbessern. Allerdings lösen sie nicht das Grundproblem der Atherosklerose. Deshalb sollte die Behandlung der Risikofaktoren einer Atherosklerose weiterhin im Mittelpunkt stehen. 

  • Weitere Anwendungsbereiche der endovaskulären Therapie

    Wie in vielen Bereich entwickelt sich auch das Gebiet der endovaskulären Therapie rasant weiter. So gibt es immer mehr Erkrankungen, bei denen endovaskuläre Therapieoptionen zum Einsatz kommen können, so zum Beispiel in der Therapie von Prostatakrebs oder auch zur Behandlung von Aneurysmen (Gefäßaussackungen), sowie bei defekten oder geschädigten Herzklappen. Es bleibt also spannend, wo die endovaskuläre Therapie als nächstes zum Einsatz kommen wird.