
Morbus Osler – Blutungen durch angeborene Gefäßanomalien/Fehlbildung der Blutgefäße
Morbus Osler (auch: Morbus Rendu-Osler-Weber) ist eine Fehlbildung der Blutgefäße, die sich vor allem an den Schleimhäuten von Mund und Nase, aber auch an Verdauungstrakt, Lunge und Leber manifestieren kann. Ein typisches Symptom ist häufiges Nasenbluten. Morbus Osler zählt zu den Seltenen Krankheiten, maximal 5 Menschen von 10.000 haben diese Erkrankung.
- Entstehung
Einem Morbus Osler liegt ein angeborener Gendefekt zu Grunde, für den verschiedene Gendefekte als Auslöser bekannt sind. Folge sind Veränderungen in den Gefäßwänden, die zu Formveränderungen der Blutgefäße im Körper führen können. Dazu zählen
- Vergrößerungen von Blutgefäßen, vor allem an der Zunge, den Lippen, der Mund- und Nasenschleimhaut, an den Wangen und den Ohren. In der Regel sind nur Abschnitte und nicht das gesamte Blutgefäß betroffen. Die jeweiligen Abschnitte können in Form von roten Hautveränderungen sichtbar werden (Teleangiektasien).
- sogenannte arteriovenöse Gefäßfehlbildungen (Shunts oder arteriovenöse Malformationen), vor allem in Magen-Darm-Trakt, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und Gehirn. Unter einer arteriovenösen Gefäßmissbildung versteht man eine untypische Verbindung zwischen einer Vene und einer Arterie, vergleichbar mit einer Kurzschlussverbindung, bei der es zu einem Austausch großer Mengen von Blut kommen kann. Je nachdem, ob dabei Blut aus einer Arterie in eine Vene fließt (Links-Rechts-Shunt) oder aus einer Vene in eine Arterie (Rechts-Links-Shunt) kann es zu unterschiedlichen Beschwerden kommen.
Eine weitere Folge des Morbus Osler ist die leichte Verletzlichkeit der erweiterten Blutgefäße und der arteriovenösen Shunts. Aufgrund dessen kann es vermehrt zu Blutungen kommen. Im Falle von arteriovenösen Fehlbildungen in der Lunge können Bakterien in das Gehirn absiedeln und einen Abszess ausbilden.
- Beschwerden
Die meisten Patienten mit Morbus Osler leiden schon ab einem jungen Alter an häufigem Nasenbluten. Weitere Anzeichen der Erkrankung treten meist erst im Erwachsenenalter auf. Typisch für einen Morbus Osler sind Hautveränderungen in Form von kleinen roten Punkten oder kleinen roten Flecken (Teleangiektasien). Diese treten zum Beispiel an Lippen, Zunge, Wangen, Ohren und Fingerspitzen auf und können häufig zu Blutungen führen.
Neben Nasenbluten sind auch innere Blutungen aus den arteriovenösen Shunts möglich, zum Beispiel im Darm und der Lunge. Die arteriovenösen Shunts können, neben den schon genannten Blutungen, auch Ursache für eine größere Herzbelastung, Atemnot, bakterielle Infektionen im Gehirn (Abszess) oder – wenn sich die arteriovenöse Malformation im Gehirn befindet – auch epileptische Anfälle, Hirnblutungen oder Kopfschmerzen sein.
- Untersuchungen
Die Krankengeschichte, die Beschwerden, das Vorliegen ähnlicher Beschwerden bei anderen Familienmitgliedern und die körperliche Untersuchung können der Ärztin bzw. dem Arzt bereits erste Hinweise auf das Vorliegen eines Morbus Osler geben. Die Diagnose kann aber letztlich nur durch eine genetische Untersuchung im Blut erfolgen, bei der untersucht wird, ob einer der für Morbus Osler typischen Gendefekte vorliegt. Gegebenenfalls kann auch eine Blutarmut in der Laboruntersuchung gefunden werden, die eine Folge vermehrter Blutungen ist.
Zusätzliche Untersuchungen können durchgeführt werden, um die Ursache innerer Blutungen abzuklären oder arteriovenöse Shunts zu diagnostizieren.
- Behandlung
Eine Heilung des Morbus Osler ist aktuell leider nicht möglich. Die Behandlung dient deshalb nur zur Linderung von Beschwerden.
Im Vordergrund stehen dabei die Behandlung und die Prophylaxe des Nasenblutens, das oftmals häufiger und stärker als bei gesunden Menschen auftritt. Vorbeugend kann die Anwendung einer Nasensalbe zur Nasenpflege angewandt werden. Als Alternative kann versucht werden, die Gefäßerweiterungen an der Nasenschleimhaut zu behandeln. Dazu können Laserbehandlungen und eine Hauttransplantation (Dermatoplastik) zum Einsatz kommen. Doch auch danach kann es erneut zu Nasenbluten kommen.
Arteriovenöse Malformationen in der Lunge können durch eine Katheterbehandlung verschlossen werden. Bei Frauen nach der Menopause kann das Auftreten von Magen-Darm-Blutungen aus arteriovenösen Malformationen durch die Einnahme von Medikamenten mit Östrogen und Progesteron reduziert werden.
Bei Patientinnen und Patienten, die wegen anderer Erkrankungen sogenannte Blutverdünner einnehmen sollten, verstärkt sich das Blutungsrisiko durch Morbus Osler deutlich. In diesen Fällen bedarf es eines sorgsamen Abwägens und – falls Blutverdünner zum Einsatz kommen – erhöhter Aufmerksamkeit.