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Künstliches Perikard – 3-D-Druck kann ein wesentliches Element der Herz-Kreislauf-Medizin werden. © AdjuCor GmbH

Künstliches Perikard – 3-D-Druck kann ein wesentliches Element der Herz-Kreislauf-Medizin werden. © AdjuCor GmbH

3-D-Druck in der Kardiologie

3-D-Drucker kommen längst im Alltag zum Einsatz – auch im medizinischen. Die Spezialdrucker erlauben es, schnell individuell angepasste Prothesen und Ähnliches herzustellen. Im besonders anspruchsvollen Bereich der Herz- und Gefäßmedizin gibt es einige interessante Entwicklungen – einiges muss noch den Weg in die Kliniken finden, anderes ist bereits dort angekommen. 

Grundlagen 

Es gibt grundsätzlich zwei Sorten von „Ersatzteilen“: Prothesen, die aus unbelebtem Material wie Kunststoff oder Metall bestehen können, und Gewebe-Ersatz, der idealerweise die Funktion der ersetzten Zellen – zum Beispiel Kontraktionen – ausführen kann. Zu Letzterem kann man Organtransplantationen rechnen.

Der 3-D-Druck macht es möglich, Prothesen und ähnliches in individuellen Größen und Formen zu fertigen. Das geht relativ problemlos, die größte Herausforderung ist das Druck-Material, das verträglich sein und die nötige Stabilität gewährleisten muss.

Schwieriger ist es bei der zweiten Sorte von „Ersatzteilen“: Um etwas drucken zu können, muss eine „Tinte“ verwendet werden, in der die Bestandteile beweglich sind. Organe und Organteile müssen allerdings aus zusammenhängendem Gewebe bestehen, um ihre Funktion erfüllen zu können. Oft wird deshalb ein Grundgerüst gedruckt, an welches dann die Zellen angelagert werden. 

Im klinischen Einsatz

Kein Ersatzteil, aber ein Modell zum Anfertigen einer Prothese haben Gefäßmediziner am Universitätsklinikum Leipzig per 3-D-Druck angefertigt. Sie lösten damit das Problem, dass eine Aussackung der Aorta (Aortenaneurysma) ganz individuelle Formen annehmen kann. Eine Anpassung der Prothese (Stent), die das Gefäß an dieser Stelle stabilisieren und vor dem Reißen schützen soll, kann sehr aufwändig sein und erfolgte bislang anhand von 2-D-Bildern, oft mit ein- bis zweimonatiger Wartezeit für den Patienten. Nur 24 Stunden dauert es hingegen, aus den Daten bildgebender Verfahren ein 3-D-Modell des betroffenen Aorten-Abschnittes mit allen eventuellen Gefäßabzweigungen zu erstellen und darauf den Stent passgenau anzufertigen. Dadurch ist es auch nicht mehr nötig, während der Implantation nachträglich noch Anpassungen vorzunehmen – der Eingriff erfordert deutlich weniger Zeit. 

Forschung und Entwicklung

Mechanische Herzklappen aus dem Drucker

Mechanische Herzklappen drucken Forscher aus Zürich und eine südafrikanische Firma aus Silikon. Grundlage sind die Daten aus einer CT- oder MRT-Vermessung der defekten Herzklappe des Patienten, so dass die Prothese optimal angepasst ist. Ein weiterer Vorteil: Der Druck dauert nur 1,5 Stunden. Noch stehen die klinischen Tests aus und auch die Haltbarkeit der Silikon-Klappe stellt die Mediziner noch nicht ganz zufrieden.

Polymere für Herz-Ersatzteile

Mit dem Druckmaterial beschäftigen sich die Forscher, die beim Projekt PolyKARD zusammenarbeiten. In dem Projekt werden biomimetische Polymere entwickelt, die mechanische Eigenschaften des Herzbeutel-Gewebes nachahmen können. 

Klinisch wird das Perikard (Herzbeutel) von Rindern oder Schweinen bereits als Ersatz für menschliche Herzklappen oder zur Rekonstruktion von Blutgefäßen verwendet. Doch die Aufarbeitung des tierischen Gewebes ist teuer und gewährleistet mechanisch keine Langzeitstabilität. Problematisch sind zudem die unzuverlässige Qualität aufgrund der großen Variabilität zwischen den Spendertieren. 

„In dem Projekt entwickeln wir biomimetische Perikard-Ersatzmaterialien, die beispielsweise für künstliche Herzbeutel, Herzklappen, Blutgefäße, Stents, Sehnen oder Septumverschlüsse eingesetzt werden können“, erklärt Dr. Wolfdietrich Meyer, der das Projekt am Fraunhofer IAP in Potsdam leitet. 

Herzflicken

Erste Erfolge in Sachen „Herzflicken“ haben Forscher aus Israel erreicht. Die Forscher stellten zunächst einen 2 Millimeter dünnen Patch her, der dann Versuchstieren in das Bauchfell transplantiert wurde. 7 Tage später wurde das Transplantat entfernt und histologisch (auf Zellebene) untersucht. Die Herzzellen hatten sich schlauchartig verlängert und parallel wie im echten Herzmuskel angeordnet. Ob sich so für geschädigtes Herzgewebe ein Flicken erzeugen lässt, dessen Muskeln sich zusammenziehen können, steht noch nicht fest.

Gefäße und Luftwege

Wissenschaftler aus den USA konnten Blutgefäße und Luftwege drucken, die in der Lage sind, Blut mit Sauerstoff anzureichern. Konkret haben sie Folgendes getan: Sie haben um ein lungenähnliches Luftsäckchen herum ein Netz aus winzigen sehr dünnwandigen Röhrchen (Gefäßen) gedruckt. In Tests erwiesen diese sich als stabil genug, um Bewegungen, wie sie z. B. beim Atmen auftreten, auszuhalten. Echte Blutzellen, die durch die Röhrchen flossen, reicherten sich mit Sauerstoff an. 

Grundgerüst für Organe

Das Kollagen-Grundgerüst für komplexe anatomische Strukturen bis hin zum Herz eines Neugeborenen können US-Forscher drucken. Sie haben außerdem eine Herzkammer mit Stammzellen besiedelt, welche sich zu Herzmuskelzellen entwickelten und dann – wenn auch sehr schwach – zu kontrahieren begannen. Als Herz-Ersatz taugt das allerdings noch lange nicht. Näher an einem praktischen Einsatz könnten auf diesem Weg hergestellte Herzklappen-Prothesen sein, aber auch hier steht die Erprobung im Tierexperiment noch aus.