
Salz – manche Menschen reagieren darauf mit einem Blutdruckanstieg. © cameraobscura / pixelio
Neuer Therapieansatz bei Bluthochdruck
Schon lange ist bekannt, dass der Konsum von zu hohen Mengen Kochsalz (Natriumchlorid) das Risiko für die Entstehung eine Hypertonie erhöhen kann. Salzige Speisen erzeugen Durst, außerdem bindet Salz Wasser im Körper. Dadurch steigt im Blutkreislauf das Flüssigkeitsvolumen an – und somit auch der Druck in den Blutgefäßen. Eine Abhängigkeit von Salzkonsum und Blutdruck besteht nicht bei allen Menschen, aber bei vielen. Ursächlich sind eine spezielle genetische Veranlagung (sogenannte Salzsensitivität), aber auch zusätzliche Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Nierenleiden oder Störungen im vegetativen Nervensystem.
Was man bisher schon wusste
Patienten mit einem salzsensitiven Bluthochdruck haben typischerweise eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems (Sympathikus). Der Botenstoff Noradrenalin aktiviert die Alpha-Rezeptoren der Blutgefäße, was deren Verengung bewirkt und so den Blutdruck steigert. Man weiß außerdem, dass Noradrenalin den Natrium-Chlorid-Cotransporter (NCC) in den Zellmembranen der Nierenkanälchen stimuliert, so dass vermehrt Natrium aus dem Urin zurück in das Blut transportiert wird. Wie das alles im Detail zusammenhängt, konnte man bislang nicht erklären.
Immerhin: Man kann die die Alpha-Rezeptoren durch Medikamente (Alpha-Blocker, genauer: Alpha1-Rezeptor-Blocker) blockieren. Dadurch erschlafft die glatte Gefäßmuskulatur, das Gefäß erweitert sich, der Blutdruck sinkt.
- Fachbegriffe
Sympatikus
Beim Nervensystem von Wirbeltieren unterscheidet man das somatische (oder willkürliche) und das vegetative (oder autonome) Nervensystem. Letzteres steuert die Prozesse, die sich nicht willentlich direkt beeinflussen lassen. Das sympathische Nervensystem ist Teil dieses Systems. Es ist zuständig für die Reaktionen, die bei Stress (z. B. Angst) dafür sorgen, dass der Körper aktionsbereit bleibt bzw. wird (z. B. bereit für Flucht oder Kampf).
Alpha-Rezeptoren
Rezeptoren sind Elemente der Zellmembran, an die bestimmte Stoffe andocken können. Dadurch werden weitere Reaktionen ausgelöst. Alpha-Rezeptoren (genauer Alpha1-Adrenozeptoren) reagieren vor allem auf Noradrenalin.
Noradrenalin
Noradrenalin ähnelt chemisch dem Adrenalin. Wie dieses wirkt es als Stresshormon, das den Körper auf Flucht oder Kampf vorbereitet. Wichtiger ist seine Funktion als Neurotransmitter, also als eine Substanz, die die Erregung einer Nervenzelle auf die nächste weitervermittelt und so den Signaltransport ermöglicht.
Was ist neu?
Eine aktuelle Publikation der „Boston University School of Medicine“ berichtet von einer Studie, die erstmals im Tierversuch zeigt, dass spezielle Alpha1-Adrenorezeptor-Blocker zusätzlich die Aktivität des Natrium-Wiederaufnahmeprozesses reduzieren und auch über diesen Weg den Blutdruck senken. Dafür wurde salzsensitiven Ratten der betreffende Alpha-Blocker verabreicht. Die Forscher stellten eine geringere Aktivität des NCC fest. Detaillierte molekulare Analysen ergaben daraufhin, dass bei diesen Tieren eine Störung des Enzyms „WNK-Kinase 1/4“ vorliegt bzw. eine Fehlfunktion des „WNK/SPAK/OxSR1“-Signalweges, der die NCC-Aktivität reguliert. Bei Ratten, deren Blutdruck nicht salzsensitiv ist, wurde diese Fehlfunktion nicht gefunden.
Aussichten
Falls sich diese Ergebnisse in klinischen Studien bestätigen, könnte das eine neue Therapiemöglichkeit für eine bestimmte Gruppe von Bluthochdruckpatienten nach sich ziehen. Vor allem Menschen, bei denen die herkömmliche Blutdrucksenker nicht wirken, bleibt derzeit meist nur die Option, die Kochsalzzufuhr auf ein Minimum zu begrenzen. Das ist nicht nur aus kulinarischen Gründen schwer, auch das versteckte Salz in vielen Lebensmitteln stellt dabei ein Problem dar. Medikamente mit selektiven Alpha1-Rezeptor-Blockern könnten hier die Lösung sein.