
Fit im Kopf bleiben – so kann man die Geselligkeit genießen. © ASSY / Pixabay
Herz und Verstand: Was hat der Kreislauf mit Demenz zu tun?
Demenz gehört zu den am meisten gefürchteten Gesundheitsproblemen im fortgeschrittenen Alter. Als Erstes denkt man da an die Alzheimer-Erkrankung. Doch das ist nicht die einzige Form oder Ursache für eine erhebliche Minderung der geistigen Fähigkeiten. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen können das Gehirn so weit beeinträchtigen, dass der oder die Betroffene den Alltag nur noch schwer oder gar nicht mehr allein bewältigen kann. Von vaskulärer Demenz sprechen Mediziner zum Beispiel, wenn gefäßbedingte Schädigungen im Gehirn (z. B. durch Schlaganfall) der Grund für die Einschränkung sind. Das betrifft nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) immerhin rund 15-25 % der Demenzfälle.
- Herzschwäche
Eine chronische Herzschwäche (Herzinsuffizienz) kann zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff führen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) haben in Zusammenarbeit mit dem Herzzentrum Leipzig herausgefunden, dass die graue Hirnsubstanz darunter leidet.
Der bekannteste Teil der grauen Substanz ist die Großhirnrinde, die das Gehirn als äußerer, zwei bis fünf Millimeter dicker Mantel mit seinen zahlreichen Windungen umgibt. Hier werden die eigentlichen höheren geistigen Fähigkeiten des Menschen – von den Sinneseindrücken über Sprache bis zu Kreativität – verarbeitet.
„Je schwächer das Herz, desto geringer die Dichte der grauen Substanz“, erklärt Matthias Schroeter, Leiter der Forschungsgruppe, das zentrale Ergebnis der Studie. Besonders betroffen seien dabei das mittlere Stirnhirn und der sogenannte Precuneus innerhalb der Großhirnrinde sowie der Hippocampus. Diese Regionen verarbeiten vor allem Aufmerksamkeitsprozesse und Gedächtnisinhalte. Und nicht nur das: „Ein Abbau von grauer Substanz in diesen Bereichen kann die Entstehung von Demenz begünstigen“, sagt Schroeter.
„Bei einer Herzschwäche muss also auch bedacht werden, dass dabei die Hirnstruktur geschädigt wird“, sagt der Mediziner. Frühere Studien hatten gezeigt, was dem Abbau am besten entgegenwirkt: Sport und soziale Aktivitäten. „Natürlich muss man auch die verminderte Herzfunktion selbst behandeln.“ Soll heißen: Die Ursachen wie Rauchen, Diabetes oder Adipositas angehen.
- Bluthochdruck
Seit einigen Jahren ist ein Zusammenhang zwischen Demenz und Bluthochdruck bekannt: Menschen, die chronisch zu hohe Blutdruckwerte haben, erkranken offensichtlich häufiger an Demenz. Die gute Nachricht: Eine Metaanalyse – in diesem Fall eine Auswertung von 6 großen Studien mit knapp über 31.000 Menschen – kam zu dem Ergebnis, dass die erfolgreiche medikamentöse Einstellung eines Bluthochdrucks das Demenzrisiko um 12 % und das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, um 16 % senkt.
Dabei war es nicht entscheidend, mit welchem Blutdruckmittel die Patienten behandelt worden waren, keine der fünf verschiedenen Substanzklassen erwies sich hinsichtlich der Risikoreduktion gegenüber den anderen als überlegen.
„Wir Neurologen können gar nicht oft genug daran appellieren, dass Menschen mit Bluthochdruck konsequent behandelt werden und die Blutdrucksenker wie verschrieben regelmäßig einnehmen. Damit schützen sie sich gleich vor zwei neurologischen ‚Volkskrankheiten‘: Schlaganfall und Demenz“, erklärt Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN.
- Herzgesunde Lebensweise
Den häufigsten Herz-Kreislauf-Probleme (Bluthochdruck, Atherosklerose, Diabetes mellitus Typ 2, zu hoher Blutfettspiegel) kann man mit einer gesunden Lebensweise sehr gut vorbeugen. Deshalb verwundert es nicht, dass dies auch zu einer Verminderung des Demenzrisikos führt. Wissenschaftler haben das mittels eine Studie mit Angestellten im Londoner Regierungsbezirk Whitehall jetzt belegt. Die Studie läuft bereits seit Mitte der 1980er Jahre, die Probanden waren damals zwischen 35 und 50 Jahren alt.
Bei der aktuellen Auswertung wurde ein Score ermittelt. Grundlage waren 7 Faktoren: Verzicht auf das Tabakrauchen, gesunde Ernährung, ausreichend körperliche Bewegung, die Vermeidung von Übergewicht sowie die optimale Einstellung des Blutdruckes, Blutzuckers und Cholesterinspiegels. Für die Einhaltung gab es jeweils 0 bis 2 Punkte. Die Gruppe mit der ungesündesten Lebensweise (0 – 6 Punkte) hatte ein fast doppelt so hohes Demenzrisiko wie die Probanden mit der gesündesten Lebensweise (12 – 14 Punkte). Nach den Berechnungen verminderte jeder zusätzliche Punkt das Demenzrisiko um 11 Prozent.
Sich gesund zu ernähren, Sport zu treiben und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu minimieren, ist also sinnvoll. Nicht nur, damit man körperlich fit bleibt, sondern auch, um bis ins hohe Alte geistig aktiv sein zu können.