
Das Krebsrisiko von Menschen mit Herzinsuffizienz könnte erhöht sein. © senivpetro / freepik
Herzinsuffizienz und Krebsrisiko
Patienten mit Herzinsuffizienz haben im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Herzinsuffizienz ein höheres Risiko, an Krebs zu erkranken, und könnten möglicherweise von Maßnahmen zur Krebsvorsorge profitieren. Darauf deuten die Ergebnisse einer Beobachtungsstudie mit über 200.000 Menschen hin. Die Studie wurde im Juni 2021 auf dem Online-Kongress „Heart Failure 2021“ der European Society of Cardiology vorgestellt.
Insgesamt wurden je 100.124 Patientinnen und Patienten mit und ohne Herzinsuffizienz in die Analyse einbezogen. Die Teilnehmenden wurden über 10 Jahre beobachtet, um einen Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und dem Auftreten einer Krebserkrankung zu untersuchen. Rauchen, Alkoholkonsum oder körperliche Aktivität wurden in der Auswertung nicht berücksichtigt.
Mehr neue Krebserkrankungen in der Gruppe der Herzinsuffizienten
Innerhalb des 10-jährigen Beobachtungszeitraums wurden signifikant mehr neu aufgetretene Krebserkrankungen bei den Patientinnen und Patienten mit einer Herzinsuffizienz beobachtet als in der Vergleichsgruppe ohne Herzinsuffizienz.
Dabei konnten die Forscher einen signifikanten Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und allen untersuchten Krebsarten finden, am häufigsten für Krebs der Lippe, der Mundhöhle und des Rachens und Krebs der Atmungsorgane. Auch für weitere Krebserkrankungen konnte bei der Auswertung der Daten eine vermehrtes Auftreten bei Menschen mit Herzschwäche beobachtet werden: Krebs der weiblichen Geschlechtsorgane, Hauttumore, Krebs des lymphatischen und blutbildenden Gewebes, des Verdauungstrakts, Brustkrebs, Krebs des Urogenitaltrakts sowie Krebs der männlichen Geschlechtsorgane.
Ursächlicher Zusammenhang möglich?
Einer der Autoren der Studie, Dr. Mark Luedde aus Kiel, betonte, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelte und die Ergebnisse keinen Beweis dafür lieferten, dass eine Herzinsuffizienz Krebs verursache. Ihm zufolge spekulieren die Forscher jedoch, dass es möglicherweise einen kausalen Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und einer erhöhten Krebsrate gibt. Experimentelle Hinweise deuten darauf hin, dass Faktoren, die vom versagenden Herzen abgesondert werden, das Tumorwachstum stimulieren können.
Krebs-Screening für Patienten mit Herzinsuffizienz möglicherweise von Vorteil
Dr. Luedde beschloss seine Präsentation mit den Worten: „Es ist gängige Praxis, dass Krebspatienten, die herzschädigende Medikamente erhalten haben, auf eine Herzinsuffizienz überwacht werden. Umgekehrt häufen sich die Hinweise darauf, dass Patienten mit Herzinsuffizienz von einer intensiven Überwachung auf Krebsentwicklung profitieren könnten – zum Beispiel durch Screening. In Anbetracht der hohen Inzidenz beider Erkrankungen und ihrer Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen verdienen diese Patienten die maximalen gemeinsamen Anstrengungen von Kardiologen und Onkologen.“