
Das Herz – wie reagieren die Zellen bei einem Infarkt? © yodiyim / fotolia
Neuer Weg zur Therapie von Herzinfarkt?
Rund dreihunderttausend Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr einen Herzinfarkt. Dieser entsteht, wenn ein Herzkranzgefäß verschlossen wird und so Herzzellen nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden. Im Zentrum des Infarkt-Bereiches sterben die Zellen nahezu sofort ab, im Randgebiet erst später. Abgestorbene Zellen werden durch Bindegewebe ersetzt (Fibrose), das Herz versteift. Könnte man diese Rand-Zellen retten und die Fibrose eindämmen, könnte man die Folgeschäden des Infarktes mildern.
Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg haben untersucht, wie sich Herzzellen bei Sauerstoffmangel verhalten. Sie entwickelten dafür ein neues Untersuchungsverfahren.
Neue Methode
Das Verfahren der Heidelberger Forscher basiert auf der Massenspektrometrie, eine in der Wissenschaft gängige Methode, mit der man Atome, Moleküle und Proteine analysieren kann. Bislang war es nicht möglich, die Proteine, die bei der Kommunikation von Herzzellen ausgeschüttet werden, umfassend zu untersuchen. Deswegen haben die Wissenschaftler die Massenspektrometrie verfeinert. Mit dem neuen Analyseverfahren lässt sich untersuchen, wie Herzmuskelzellen nach einem Herzinfarkt kommunizieren.
Schlüsselprotein für Fibrose entdeckt
Bei ihren Untersuchungen setzten die Forscher Herzmuskelzellen aus Tiergewebe in eine so genannte Zellkammer. Das ist eine kleine Box, in der lebende Zellen geschützt unter die Lupe genommen werden können. In der Kammer erhielten die Zellen nur 1,5 Prozent Sauerstoff, das heißt, die Zellen erlitten wie beim Herzinfarkt Sauerstoffmangel und damit Stress. Das Ergebnis der Untersuchungen: Die Mediziner fanden 42 Proteine, die von den gestressten Zellen entweder weniger oder verstärkt freigesetzt wurden. Einige davon waren im Zusammenhang mit dem Herzinfarkt bislang völlig unbekannt. Eines von ihnen ist das „Proprotein convertase subtilisin/kexin type 6“ (PCSK6), dessen Funktion bislang unbekannt war. Die Heidelberger Forscher haben in ihren Experimenten nun entdeckt, dass dieses Eiweiß möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Fibrose im Herzen spielt.
Doppelter Nutzen für Herzpatienten möglich
Diese Ergebnisse lassen sich vermutlich auch auf menschliche Herzzellen übertragen. So zeigte sich im Blut von Patienten nach einem Herzinfarkt vermehrt PCSK6. Am höchsten war der Level im Blut am dritten Tag nach dem Infarkt.
Patienten könnte PCSK6 nach einem Herzinfarkt in Zukunft doppelt dienen: Erstens, indem man das Protein therapeutisch blockiert und so eine Fibrose und die damit einhergehende Herzschwäche bremst. Zweitens könnte es als Biomarker im Blut anzeigen, dass die Herzzellen nicht genug Sauerstoff bekommen.
Die Mediziner Prof. Dr. Florian Leuschner und Tim Christian Kuhn von der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des Universitätsklinikums Heidelberg haben für ihre Arbeit den Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung erhalten.