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Frau mit Kopfschmerzen. Kopfschmerzen sind ein Symptom der Hirnvenenthrombose. © kalhh / Pixabay

Kopfschmerzen sind ein Symptom der Hirnvenenthrombose. © kalhh / Pixabay

Therapieansatz bei Hirnvenenthrombose

Im Zusammenhang mit Covid-19 wurde die Hirnvenenthrombose häufiger öffentlich erwähnt als früher. Was ist das aber überhaupt?

Hirnvenenthrombosen (auch Sinusthrombosen oder Sinusvenenthrombosen) sind eine seltene Form von Hirndurchblutungsstörungen, die – im Gegensatz zum klassischen Schlaganfall – häufiger auch jüngere Menschen betrifft. Aus weitgehend ungeklärter Ursache entstehen Blutgerinnsel (Thromben) in Hirnvenen, behindern den Blutabfluss und führen so zur Schädigung des Hirngewebes. Mittlerweile belegen epidemiologische Studien für Patienten und Patientinnen, die an Covid-19 erkranken, ein vielfach erhöhtes Risiko für diese gravierende Komplikation. Behandelt wird in der Regel mittels eines Blutverdünners, der das Blutgerinnsel auflösen soll. Auch vorbeugend wird der Blutverdünner Heparin gelegentlich eingesetzt, allerdings mit nur mäßiger Wirkung.

 

  • Aktuelles Fachwort: Rezeptor

    Ein Rezeptor ist ein Protein oder Proteinkomplex auf der Zelloberfläche, an den Signalmoleküle (Botenstoffe) andocken können. Dies löst Signalprozesse im Zellinneren aus und das wiederum führt zu spezifischen Reaktionen. Im Fall der Thrombozyten (Blutplättchen) können diese aktiviert werden – es kommt zur Blutgerinnung.

Spezielle Thrombose

Neben Covid-19 sind das Wochenbett nach Entbindung, die orale Schwangerschaftsverhütung und Infektionen die Hauptrisikofaktoren für diese Hirnvenenthrombose. Das ist recht speziell, sodass man davon ausgehen kann, dass die Blutgerinnselbildung an dieser Stelle nach einem besonderen Mechanismus abläuft. Auch ein Zufallsfund deutscher Forscher spricht dafür.

Sie hatten in einer Studie einen Antikörper daraufhin testen wollen, ob er die Blutungsneigung erhöht, indem er den Rezeptor namens CLEC-2 blockiert, der auf den Thrombozyten sitzt. Dabei entwickelten die Versuchstiere überraschenderweise Blutgerinnsel – und zwar nur in den Hirnvenen, in keinem anderen Organ.

Bei näherer Betrachtung und weiterer Forschung stellte sich heraus, dass neben CLEC-2 auch noch ein zweiter Thrombozytenrezeptor, nämlich GPIIb/IIIa, an der Entstehung von Hirnvenenthrombosen beteiligt ist und nur das Zusammenwirken beider Rezeptoren zur Thrombenbildung im Gehirn führt.

Therapieansatz

Diese Erkenntnisse ermöglichten es nun, sehr gezielt nach Wirkstoffen zur Verhinderung so entstehender Hirnvenenthrombosen zu suchen. Und tatsächlich: Wurde GPIIb/IIIa blockiert, bildete sich keine Hirnvenenthrombose. Mehr noch: Auch wenn sich schon ein Gerinnsel zu bilden begann, stoppte der GPIIb/IIIa-Blocker dessen Wachstum sofort und die Tiere erholten sich vollständig.

Das Beste daran: GPIIb/IIIa-Blocker sind für andere kardiovaskuläre Erkrankungen bereits zugelassen. Die Untersuchungen zur Arzneimittelsicherheit sind also bereits alle erfolgt, es muss nur noch nachgewiesen werden, dass diese Mittel auch bei Hirnvenenthrombosen beim Menschen hilfreich sind.