
Nahrungsergänzungsmittel sind nicht immer harmlos. © Steve Buissinne / Pixabay
Sind Kalzium und Vitamin D gar nicht so gut wie gedacht?
Kalzium-Präparate werden von vielen für gesundheitsfördernd gehalten. Um Kalkablagerungen in den Gefäßen und Rhythmusstörungen des Herzens zu vermeiden, soll – so die kursierenden Empfehlungen – zusätzlich Vitamin D eingenommen werden. Es ist wissenschaftlich nicht belegt, dass dies tatsächlich einen allgemeinen Nutzen hat. Selbst der „Nachweis“, dass die Gabe von Kalzium und Vitamin D ungefährlich ist, stammt lediglich aus Tierversuchen. Jetzt legt eine Studie nahe, dass bei älteren Menschen mit Aortenklappenstenose negative Gesundheitseffekte auftreten.
Die Studie
Das Team verfolgte die Herzgesundheit von 2.657 Patienten (Durchschnittsalter 74 Jahre; 42 % Frauen) mit leichter bis mittelschwerer Aortenstenose. Etwa die Hälfte der Probanden nahm keine Nahrungsergänzungsmittel, etwa 40 % nahmen Kalzium (Ca) mit oder ohne Vitamin D, der Rest nur Vitamin D.
In der Gruppe der Probanden, die Kalzium- und/oder Vitamin-D einnahmen, traten deutlich häufiger Diabetes und koronare Herzkrankheiten auf, sie mussten häufiger Cholesterinsenker und Blutverdünner nehmen und hatten häufiger eine Herz-Bypass-Operation. Eine schwere Stenose entwickelten die Probanden in allen Gruppen in gleicher Häufigkeit (ein Drittel), einen Schutz davor boten Kalzium und Vitamin D also nicht. Einen Aortenklappenersatz bekamen allerdings etwa 1,5-mal so viele Probanden der Kalzium-und-Vitamin-D-Gruppe wie diejenigen, die kein Präparat eingenommen hatten. Die Einnahme von Kalzium allein führte zu einem 3-fach höheren Risiko für den Klappenersatz.
Wie kommt es zum Widerspruch zwischen Erwartung und Studie?
Um eines vorauszuschicken: Die Ergebnisse der Studie zeigen eine Korrelation, ob ein kausaler Zusammenhang besteht und wie dieser konkret aussieht, ist den Ergebnissen nicht zu entnehmen. Dass die Einnahme der Präparate in dieser großen Studie keinen Vorteil brachte, legt allerdings durchaus nahe, dass die durch die Werbung suggerierten positiven Effekte einer Überprüfung nicht standhalten.
Warum nur „suggeriert“ und nicht „versprochen“?
Was die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln als Werbetext schreiben/sagen dürfen, ist gesetzlich geregelt. Sie dürfen z. B. keine Heilung versprechen. Sie dürfen aber feststellen, dass z. B. Kalzium für diesen oder jenen Stoffwechselprozess eine Rolle spielt. Dem Verbraucher wird dabei suggeriert, dass eine gezielte Zufuhr dieses Stoffes den Stoffwechsel günstig beeinflusst. Gern wird auch noch angedeutet, dass man „heutzutage“ von diesem Stoff auf normalem Weg nicht genug bekommen würde.
Dabei gibt es jedoch zwei Probleme: Stoffwechselvorgänge sind sehr komplex, hier lediglich an einer einzigen Stellschraube zu drehen, kann das Gleichgewicht der Abläufe durcheinanderbringen. Und: Alles, was in Maßen gut für den Körper ist, kann bei einer Überdosierung zu unerwünschten Reaktionen führen. Diese Störungen bemerkt man nicht sofort, sie machen sich erst durch die Auswirkungen bemerkbar – und das unter Umständen auch noch recht spät.
Fazit
Nehmen Sie Nahrungsergänzungsmittel nicht standardmäßig zur Vorbeugung ein. Auch nicht, wenn Sie glauben, dass Sie von bestimmten Stoffen mehr brauchen könnten, weil Sie sie entweder zu wenig in der Nahrung haben oder weil Sie einen erhöhten Bedarf vermuten. In den meisten Fällen trifft das gar nicht zu. Sprechen Sie immer erst mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin. Wenn er oder sie die zusätzliche Einnahme des betreffenden Stoffes nicht ausdrücklich empfiehlt, können Sie Ihr Geld getrost sparen.