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Nickerchen zur Mittagszeit – gut oder schlecht fürs Herz? © Min An / Pexels

Nickerchen zur Mittagszeit – gut oder schlecht fürs Herz? © Min An / Pexels

Ein Mittagsschlaf ist gut für das Herz – oder?

Ein voller Bauch studiert nicht gern, das wussten schon die alten Römer und legten sich nach dem Mittagessen lieber aufs Ohr. Aber was für Bauch und Kopf gut ist, muss noch lange nicht dem Herzen nützen. Wie sehen Kardiologen die Sache? Was sind die Auswirkungen des Mittagsschlafes auf die Herzgesundheit?

  • Warum schlafen wir tagsüber?

    Es gibt verschiedene Gründe, warum wir uns tagsüber ein Nickerchen genehmigen. Rentner sind eher geneigt, einer mittäglichen Schläfrigkeit nachzugeben als Berufstätige, die ihre Müdigkeit lieber mit einem Kaffee vertreiben. In manchen heißen Ländern ist ein Mittagsschlaf üblich, bei uns eher nicht. In Japan wird ein kurzes Einnicken sogar als Ehrenzeichen gesehen, da der Schläfer offensichtlich so hart und lange gearbeitet hat, dass er sich eines kurzen Schlafes nicht erwehren konnte. 

    Wer eine schlechte Nacht hatte, tut sich Gutes, wenn er die Gelegenheit nutzt, den Schlaf außer der Reihe nachzuholen. Wer jedoch regelmäßig das Gefühl hat, schlecht geschlafen zu haben, obwohl er ungestört hätte schlafen können, sollte zum Arzt gehen. Manchmal steckt eine unerkannte Schlafapnoe dahinter, wenn es uns an erholsamem Schlaf mangelt. Diese nächtlichen Atemaussetzer erhöhen das Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sollten daher behandelt werden.  

Mittagsschlaf auf dem Prüfstand

Schweizer Mediziner befragten mehr als 3400 Lausanner Bürger zwischen 35 und 75 Jahren, die keine Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, nach ihren Mittagsschlafgewohnheiten. Die standardisierten Fragebögen erlaubten vier Kategorien (nie, ein bis zweimal pro Woche, an 3-5 Tagen oder an 6-7 Tagen), außerdem wurde die Schlafdauer erhoben (bis zu 1 Stunde oder mehr als 1 Stunde). Während des Beobachtungszeitraums von durchschnittlich 5,3 Jahren wurden insgesamt 155 Fälle von Koronarsyndrom, Herzinfarkt und Schlaganfall erfasst. 

Die Mehrheit der Teilnehmer hielten nie einen Mittagsschlaf (58 %), 19 % ruhten ein- bis zweimal pro Woche, während nur 12 bzw. 11 % 3-5mal oder häufiger mittags schliefen.

Wer mehr als zweimal pro Woche schlief, war häufig älter, männlich, Raucher und hatte einen höheren BMI. Auch eine Schlafapnoe trat häufiger unter den Vielschläfern auf. Dies machte die Auswertung der Daten schwierig, da gerade diese Faktoren einen negativen Einfluss auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit haben und die Ergebnisse verzerren könnten. 

Ab und zu ein kurzes Nickerchen ist gut fürs Herz

Nach Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht und Raucherstatus kamen Forscher zu folgendem Ergebnis: Am gesündesten waren Menschen, die ein bis zweimal pro Woche Mittagsschlaf hielten. Sie hatten im Vergleich zu Niemals-Schläfern ein deutlich geringeres kardiovaskuläres Risiko (HR 0,52): Bei ihnen war die Wahrscheinlichkeit, einen Herz-Kreislauf-Notfall zu erleiden, nur etwa halb so groß. Ein täglicher Mittagsschlaf zeigte diesen Vorteil jedoch nicht.

Dies deckte sich mit den Ergebnissen einer griechischen Kohortenstudie aus dem Jahr 2007, die eine geringere koronare Sterblichkeit bei Selten-Schläfern im Vergleich zu Nie-Schläfern fand. 

Allerdings war die Schweizer Gruppe der täglichen Mittagsschläfer mit im Schnitt 63 Jahren zehn Jahre älter als die Gruppe derer, die ein- bis zweimal pro Woche tagsüber schliefen. Betrachtete man nur Teilnehmer, die mindestens 65 Jahre alt waren, verschwand der positive Effekt eines 1-2mal wöchentlichen Mittagsschlafes. Meist ist es wohl so, dass Menschen im berufstätigen Alter keine Zeit für einen Mittagsschlaf haben. Gelingt es ihnen trotzdem, wenigstens ein- bis zweimal in der Woche ein Nickerchen zu machen, zeigt dies vielleicht einen weniger stressreichen Alltag an – was auch gut für die Herzgesundheit ist.

Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015, bei der die Daten von 11 Beobachtungsstudien ausgewertet wurden, stellte außerdem fest, dass ein kurzer Mittagsschlaf eher herzschützend war, während längeres Schlafen eher mit einem höheren Herz-Kreislauf-Risiko in Verbindung stand.

Schlaf ist wie eine gute Medizin

Fazit: Schlaf ist wie eine gute Medizin – die richtige Menge macht’s. Wer ein- bis zweimal in der Woche einen kurzen Mittagsschlaf hält, hat statistisch ein gesünderes Herz-Kreislauf-System als jemand, der sich mittags nie oder täglich schlafen legt. 

  • Über diesen Artikel

    Autor: Redaktion / Dr. Corinna Powell

    Erstellt: 10.5.2020

    Literatur: 

    • Häusler N, et al. Association of napping with incident cardiovascular events in a prospective cohort study Heart 2019;105:1793–1798. 
    • Naska A, Oikonomou E, Trichopoulou A, et al. Siesta in healthy adults and coronary mortality in the general population. Arch Intern Med 2007;167:296–301.
    • Yamada T, Hara K, Shojima N, et al. Daytime napping and the risk of cardiovascular disease and all-cause mortality: a prospective study and dose-response meta-analysis. Sleep 2015;38:1945–53.

    Bildnachweis: Titelbild © Min An / pexels.com