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Mann mit Tabletten in der Hand sitzt frustriert im Bett. Bluthochdruck und seine Behandlung können Potenzprobleme verursachen © AaronAmat / iStock

Bluthochdruck und seine Behandlung können Potenzprobleme verursachen © AaronAmat / iStock

Potenzprobleme durch Bluthochdruck?

Bluthochdruck ist ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Weniger bekannt ist, dass viele Patienten mit Bluthochdruck unter erektiler Dysfunktion leiden. Das bedeutet, dass die Erektionsfähigkeit des Penis nicht ausreicht, um ein befriedigendes Sexualleben zu ermöglichen. Hält diese Störung mindestens 6 Monate an, spricht man von erektiler Dysfunktion (ED) oder Erektionsstörung oder umgangssprachlich Impotenz.

Nehmen Erkrankungen wie Bluthochdruck mit dem Alter zu, steigt auch die Häufigkeit von Erektionsstörungen mit dem Alter und betrifft schätzungsweise jeden zweiten Mann über 60 Jahre. Dabei ist es schwierig, die tatsächliche Häufigkeit der ED zu ermitteln. Viele Patienten nehmen aus Schamgefühl oftmals keine ärztliche Hilfe in Anspruch, umgekehrt versäumen viele Ärzte und Ärztinnen, ihre Patienten nach ihrer sexuellen Gesundheit zu fragen.

Die Folgen von Erektionsstörungen sind vor allem emotionaler Natur. Sie erzeugen Scham und Ängste, belasten Beziehungen und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen sowie der Partnerinnen bzw. Partner.

Aber nicht nur der Bluthochdruck an sich, auch die Medikamente, die zur Senkung des hohen Blutdrucks verordnet werden, stehen im Verdacht, Erektionsstörungen zu verursachen. Was ist also schlimmer für die sexuelle Leistungsfähigkeit – Bluthochdruck oder seine Behandlung?

Bluthochdruck und erektile Dysfunktion – wie hängt das zusammen?

Ein hoher Blutdruck erhöht das Risiko für eine erektile Dysfunktion (ED), umgekehrt können Erektionsstörungen ein frühes Zeichen von Bluthochdruck sein. Deshalb ist die ED auch als potenzieller Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sehen und nicht bloß als eine urologische oder psychologische Erkrankung.

Dabei begünstigt ein hoher Blutdruck die Freisetzung von Stoffen, die die Gefäße zusammenziehen. Im Verlauf verlieren die Gefäße an Elastizität und die Fähigkeit sich zu erweitern. Das beeinträchtigt die Blutversorgung des Penis. Da es sich bei den Gefäßen, die den Penis versorgen, um kleine Gefäße handelt, kann die ED das erste Symptom eines zu hohen Blutdrucks sein.

Blutdrucksenker und erektile Dysfunktion

Um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren, werden Patienten mit zu hohem Blutdruck mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt. Dabei werden verschiedene Klassen von Hochdruckmedikamenten eingesetzt, die sich in ihrer Wirkungsweise und in ihren Nebenwirkungen unterscheiden. Einige dieser Wirkstoffe stehen im Verdacht, Erektionsstörungen zu verursachen. Insbesondere Betablockern wird nachgesagt, sich negativ auf die Potenz auszuwirken, und eine Studie hat gezeigt, dass allein die Kenntnis dieser Nebenwirkung Ängste schürt und damit eine ED begünstigt. Aber Betablocker ist nicht gleich Betablocker.

Wirkweise von Betablockern

Alle Betablocker verhindern, dass die „Stresshormone“ Noradrenalin und Adrenalin über die Bindung an β-Adrenorezeptoren ihre Wirkung entfalten können. Dadurch geht das Herz in einen Zustand größerer Ruhe über – Pulsfrequenz, Blutdruck und Erregbarkeit des Herzens sinken und die Pumpleistung verbessert sich. Dabei binden die sogenannten nicht-selektiven Betablocker sowohl an den β1- als auch β2-Subtyp des β-Adrenorezeptors. Zur Behandlung von Herzerkrankungen werden ß-Blocker bevorzugt, die im Herzmuskel die dortigen ß1-Rezeptoren selektiv blockieren.

Dadurch, dass die ß-Blocker unterschiedliche Typen des β-Adrenorezeptors angreifen, unterscheiden sie sich in ihrer Wirkung und bei den Nebenwirkungen. Es scheint, dass insbesondere die nicht-selektiven ß-Blocker zur ED beitragen, indem sie die β2-Rezeptoren blockieren, was die Verengung der Penisgefäße verstärkt.

Andere ß-Blocker wiederum können mit niedrigen Testosteron-Hormonspiegeln einhergehen und so zu einer ED führen, wie eine Studie berichtete.

Dagegen führt Nebivolol, ein β-Blocker der dritten Generation mit höherer Affinität für β-1-Rezeptoren, zu einer Verbesserung der ED, wie Studien gezeigt haben. Dabei bewirkt Nebivolol eine Erweiterung der Penisgefäße und erhöht damit den Blutfluss, was zu einer Erektion des Penis führt.

Was bedeutet das für die Praxis?  

Die Ursachen einer erektilen Dysfunktion (ED) sind vielfältig. Sie können organischer oder psychogener Natur sein und meist liegen der ED mehrere Ursachen zugrunde, die miteinander zusammenhängen. So gilt der enge Zusammenhang zwischen ED und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Bluthockdruck als erwiesen.

Auch ein Zusammenhang mit verschreibungspflichtigen Medikamenten wie zur Behandlung von Bluthochdruck wird diskutiert. Dabei ist die Literatur nicht einheitlich und es wurden widersprüchliche Ergebnisse berichtet. Auch wird diskutiert, dass die Kenntnis des Patienten zum Einfluss des Medikaments auf die Sexualfunktion zu Erektionsstörungen führt und nicht das Medikament selbst.

Eine Auswertung von 15 klinischen Studien mit insgesamt 35.000Patienten zeigte nur ein geringfügig erhöhtes Risiko für sexuelle Funktionsstörungen. Dabei sollten immer die Risiken dieser unerwünschten Wirkungen mit den Vorteilen dieser Medikamente gesehen werden, und die Hochdruckmedikamente sollten nicht eigenmächtig ohne ärztliche Rücksprache abgesetzt werden, da ein nicht behandelter Bluthockdruck schwere Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall haben kann.

Nicht zuletzt kann ein zu hoher Blutdruck auch Ursache für Erektionsstörungen sein. Deshalb ist es wichtig, dass Sie das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin suchen.

Die erektile Dysfunktion ist fast immer behandelbar.

  • Über diesen Artikel

    Autor: Redaktion / Sarah Bechtold

    Erstellt: 06.02.2023

    Literatur:

    • C.-A. Haensch u. a.: „Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion, S1-Leitlinie, 2018“; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.): „Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie“; https://dgn.org/leitlinie/150, abgerufen am 30.01.2023
    • T. Sooriyamoorthy, S. W. Leslie: „Erectile Dysfunction“;  StatPearls. Treasure Island (FL), November 2022. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK562253/, abgerufen am 30.01.2023
    • A. A. de Oliveira, K. P. Nunes: „Hypertension and Erectile Dysfunction: Breaking Down the Challenges“. American Journal of Hypertension, Februar 2021; DOI: 10.1093/ajh/hpaa143
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    • Beta Adrenergic Blocking Agents.  LiverTox: Clinical and Research
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    Bildnachweis: Titelbild © AaronAmat / istockphoto.com