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Mann mit Brustschmerzen. Viele denken da zuerst an ein Herzproblem, oft liegt die Ursache aber woanders.

Bei Brustschmerzen denken viele zuerst an ein Herzproblem. Viel öfter liegt die Ursache aber woanders. © zinkevyc / freepik

Nicht jeder Brustschmerz ist eine Angina pectoris

Karlsruhe, ein Mittwochvormittag in April, Herr K., 68 Jahre, stellt sich bei seinem Hausarzt vor, da ihn seit einigen Tagen Schmerzen in seiner linken Brust quälen. Begonnen hatten die Schmerzen vor zwei Tagen, als er gerade einen Apfelbaum in seinem Garten beschnitt. Sein Hausarzt, der seine Krankengeschichte kennt, beruhigt Herrn K. nach einem kurzen Gespräch. Er glaube, dass die Schmerzen keine schlimme Ursache hätten, wie zum Beispiel ein Herzinfarkt. Zur Sicherheit schreibt die medizinische Fachangestellte der Praxis ein EKG und nimmt ein Blutrobe zur Bestimmung der Laborwerte. Auch da ist alles in Ordnung. Herr K. ist sehr erleichtert und auch der Schmerz lässt nach der Einnahme von Schmerzmitteln nach kurzer Zeit nach.

„Doch wenn nicht das Herz, was verursacht denn dann die Brustschmerzen?“, fragt Herr K. seinen Hausarzt.

Ein Symptom – viele mögliche Ursachen

Brustschmerzen ist eine häufige Beschwerde, die Patienten in ärztliche Behandlung führt und welche vorrangig ältere Menschen betrifft. Und obwohl viele Betroffene bei Brustschmerz zuerst an einen möglichen Herzinfarkt denken, so haben Brustschmerzen jedoch viele mögliche Ursachen, unter denen der Herzinfarkt insgesamt nur eine kleine, wenn auch bedeutende Rolle spielen. Alternativdiagnosen gibt es zahlreiche, hierzu zählen unter anderem

  • Brustwandsyndrom
  • Erkrankungen am Herzen und den Blutgefäßen, z. B.
  • Erkrankungen der Lunge, z. B.
    • Lungenembolie
    • Lungenentzündung
    • Reizung des Brustwandfells (Pleuritis)
    • Lungenkollaps (Pneumothorax), ggf. mit Überblähung einer Brustkorbhälfte (Spannungspneumothorax)
  • Orthopädische Erkrankungen, z. B.
    • Blockaden in der Wirbelsäule
    • Bandscheibenvorfall
  • Erkrankungen des Verdauungssystems, z. B.
    • Riss der Speiseröhre
    • Geschwür in Magen oder Zwölffingerdarm
    • Sodbrennen (Reflux)
    • Entzündung der Bauchspeicheldrüse
    • Erkrankung der Gallenblase
  • Psychische Ursachen, z. B.
    • Stress
    • Angst-/Panikattacken
    • Depression
  • Sonstige Erkrankungen, z. B.
    • Gürtelrose (Herpes zoster)

Die richtige Diagnosestellung ist entscheidend – ernste Ursachen ausschließen

Brustschmerzen sollten auf jeden Fall ärztlich abgeklärt werden. Aufgrund der Vielfalt möglicher Auslöser – auch die obige Liste ist sicher nicht vollständig – sollten zunächst ernstzunehmende Ursachen durch einen Arzt oder eine Ärztin ausgeschlossen werden. Dazu zählen in erster Linie ein akutes Koronarsyndrom, Lungenembolie, Rissbildung an der Aorta oder Speiseröhre oder ein Spannungspneumothorax.

Zur Diagnostik zählt neben der körperlichen Untersuchung auch die Anamnese (Patientengespräch). Wichtige Aspekte sind unter anderem

  • Wie fühlt es sich an (z. B. stechend, Druckgefühl)?
  • Wie stark ist der Schmerz?
  • Wo genau tut es weh?
  • Wie lange halten die Schmerzen bei einer Attacke an?
  • Wann hat das begonnen?
  • Hatten Sie früher schon Schmerzen im Brustbereich oder im oberen Rücken?
  • Haben Sie Vorerkrankungen wie z. B. Bluthochdruck, zu hohe Cholesterinwerte oder andere Beschwerden, die nichts mit Herz und Kreislauf zu tun haben?
  • Nehmen Sie Medikamente ein? Wenn ja: Welche?
  • Wie sieht es mit Erkrankungen in Ihrer Familie (Eltern, Großeltern, Geschwister) aus?

Ergänzend kommen in der Praxis auch die Messung von Blutdruck, Puls und der Sauerstoffsättigung im Blut, ein EKG (Elektrokardiogramm) oder Blutuntersuchungen zum Einsatz. Andere diagnostische Maßnahmen sind meist aufwendiger und erfordern je nach Situation eine geplante oder notfallmäßige Einweisung in ein Krankenhaus. Welche Diagnostik im Einzelfall sinnvoll ist, ist unterschiedlich und wird durch Ihre behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt entschieden.

  • Häufige Ursache: das Brustwandsyndrom

    Brustschmerzen haben in vielen Fällen einen harmlosen Hintergrund.  In einer Untersuchung in hessischen Hausarztpraxen konnte in bis nahezu der Hälfte der Fälle von Brustschmerzen ein sogenanntes „Brustwandsyndrom“ diagnostiziert werden.

    Von einem Brustwandsyndrom spricht man, wenn die Schmerzursache direkt in den anatomischen Strukturen in der Brustwand vermutet wird, das heißt in erster Linie in den Muskeln und Nerven oder auch in den Knorpeln. So können Muskelverspannungen in der Rippenmuskulatur – zum Beispiel nach körperlicher Anstrengung wie Sport oder schweren Arbeiten in Haus und Garten, oder aber auch durch eine schlechte Körperhaltung – Schmerzen im Brustkorb auslösen. Man spricht dann auch von einer Interkostalneuralgie.

    Typische Merkmale eines Brustwandsyndroms sind anhaltende Schmerzen über einen längeren Zeitraum bei Betroffenen, die sonst keine weiteren Beschwerden haben. Häufig sind die Schmerzen stechend und auf einen Punkt konzentriert, durch Druck auf die entsprechende Stelle können die Schmerzen in der Regel verstärkt werden.

    Nach Einnahme eines Schmerzmittels bessern sich die Beschwerden meist rasch. Das Brustwandsyndrom ist eine klinische Diagnose, das heißt, es gibt keine Möglichkeit, die Diagnose durch Bildgebung und Laboruntersuchungen zu sichern.

     

Wann handelt es sich bei Brustschmerzen um einen Notfall?

Ein Notfall liegt auf jeden Fall dann vor, wenn die Patientin oder der Patient neben den Brustschmerzen weitere Symptome angibt wie beispielsweise Kreislaufinstabilität, Luftnot, Kaltschweißigkeit und Angst. In diesen Situationen sollte nicht gezögert, sondern sofort ärztliche Hilfe gesucht werden, entweder über den Hausarzt/die Hausärztin, den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) oder über den ärztlichen Notruf (112).

Doch auch wenn weitere Symptome fehlen, so kann nach ärztlichem Bemessen dennoch eine Klinikeinweisung zum Ausschluss schwerwiegender Ursachen empfohlen werden.

Fazit

Brustschmerzen sind eine häufiger Behandlungsanlass in den Arztpraxen und den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Dahinter können viele verschiedene Ursachen stehen, nicht jeder Brustschmerz ist durch eine Verengung von Herzkranzgefäßen (Angina pectoris) bedingt. Um gefährliche von ungefährlichen Ursachen zu unterscheiden, sind eine gute Anamnese und gründliche Untersuchung entscheidend.

 

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