
Mehr als 6 Millionen Patienten mit Typ-2-Diabetes gibt es in Deutschland. © kamasigns / fotolia
Diabetes – häufig aber nicht harmlos
Diabetes ist zu einer Volkskrankheit geworden, etwa einer von zehn Deutschen ist davon betroffen. Inzwischen geht jeder sechste Todesfall auf das Konto der Zuckerkrankheit. Ist Diabetes denn wirklich gefährlich? Ja, sagen die Mediziner, Diabetes mellitus ist eine ernstzunehmende Gefäßerkrankung, und das schon von Anfang an: Der chronisch erhöhte Blutzuckerspiegel schädigt Gefäßwände, Blutkörperchen und Nerven, mit weitreichenden Folgen. Bleibt die Zuckerkrankheit unbehandelt, sind Arterienverkalkung und eine erhöhte Neigung zu arteriellen Blutgerinnseln vorprogrammiert.
Diabetes-Patienten immer jünger
War die Zuckerkrankheit vor 50 Jahren noch sehr selten und eher die Domäne fast ausschließlich älterer Menschen (Stichwort Altersdiabetes), so ist sie inzwischen weit verbreitet, und das in allen Altersgruppen. In Deutschland leidet laut Deutscher Diabetesgesellschaft mittlerweile 9 – 10 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an Diabetes und das bei einer Dunkelziffer von geschätzt 1,6 Millionen. Dabei entfällt der Löwenanteil mit 95 % auf den Typ-2-Diabetes.
Der autoimmunbedingte Typ-1-Diabetes beginnt meist schon in jüngeren Jahren, etwa die Hälfte aller Patienten erkrankt vor dem 20. Lebensjahr. Dies macht Typ-1-Diabetes zur häufigsten Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter in Deutschland. Gegenwärtig gibt es etwa 341.000 Menschen in Deutschland mit Typ-1-Diabetes, davon 32.000 Kinder und Jugendliche, Tendenz steigend. Im Jahr 2018 lagen die Zahlen noch bei 300.000 Typ-1-Diabetikern, davon 30.000 Kinder und Jugendliche.
Der von Insulinresistenz gekennzeichnete Typ-2-Diabetes betrifft vor allem ältere Erwachsene. Während weniger als 1 % der Patienten jünger als 25 ist, geht die Kurve ab einem Alter von 40 Jahren steil nach oben, über die Hälfte der Betroffenen ist älter als 65 Jahre. Gegenwärtig leben mehr als 8,5 Millionen Menschen (2018: 6 Millionen) in Deutschland mit der Diagnose Typ-2-Diabetes, davon etwa 950 Kinder und Jugendliche (2018: 300). Auch hier nimmt die Zahl der Neuerkrankungen am schnellsten in der minderjährigen Bevölkerung zu. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes verfünffacht, wahrscheinlich mit einer hohen Dunkelziffer.
- Diabetes und Übergewicht
Diabetes-Risiko für übergewichtige Kinder. © kwanchaichaiudom / fotolia Typ-2-Diabetes tritt durch die Zunahme von Übergewicht, falscher Ernährung und Bewegungsmangel immer häufiger auf. Der Zusammenhang von Übergewicht und Diabetes ist unübersehbar: Über 90 % der Patienten mit Typ-2-Diabetes bringen mehr als nur das Normalgewicht auf die Waage. Das Übergewicht und der damit verbundene Diabetes machen auch vor Kindern nicht Halt. So hat sich die Zahl der übergewichtigen Kinder in Deutschland in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Mittlerweile sind 15,4 % aller Kinder übergewichtig, 6,3 % sind sogar stark übergewichtig (adipös). Die Folgen sind messbar: Bei 10 % der sehr stark übergewichtigen Jugendlichen ist die Glukosetoleranz gestört, bei 1-2 % tritt sogar ein Typ-2-Diabetes auf.
- Diabetes oft erst sehr spät erkannt
Die Dunkelziffer ist hoch. Schätzungsweise 2 Millionen Betroffene in Deutschland wissen nichts von ihrer Erkrankung. Oft wird Diabetes erst festgestellt, wenn der Arzt nach den Ursachen von Herz- und Gefäßschäden sucht, denn vor allem der Typ-2-Diabetes verursacht anfangs keine oder nur unspezifische Symptome. Doch Unwissenheit schützt vor Schaden nicht: Auch wenn sich der Betroffene gesund fühlt, macht der dauerhaft erhöhte Blutzucker nach und nach die Gefäße kaputt. Je früher die Diagnose, desto eher kann eine gefäßschützende Behandlung beginnen.
- Warum Diabetes dem Herz schadet
Diabetes und Herz-Kreislauf-Probleme gehen Hand in Hand. Das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ist für Diabetiker doppelt bis viermal so hoch wie in der Normalbevölkerung, Frauen haben sogar ein 6-fach erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Die Folge: Drei von vier Diabetes-Patienten sterben an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Das Herz ist auf vielfache Weise von den Diabetes-bedingten Schädigungen der Blutgefäße und Nerven betroffen. Zum einen versorgen die durch Atherosklerose verengten Herzkranzgefäße den Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen. Dies führt dazu, dass sich das Herzgewebe langsam verändert und seine Pumpleistung nachlässt. Zum anderen beeinträchtigt die diabetische Neuropathie (eine Schädigung der peripheren Nerven) auch die Nervenfasern, die Herzschlag, Blutdruck und das Pumpvolumen des Herzens beeinflussen. Dies macht das Herz unter anderem anfälliger für Rhythmusstörungen.
- Umfassende Vorbeugung wichtig
Blutzuckerkontrolle bei Diabetes. © Chinnapong / fotolia Wie können Sie den Gefäßschädigungen und den daraus entstehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken? Eine Senkung des Blutzuckers in den Normalbereich (HbA1c unter 6,5) ist unerlässlich, aber nicht ausreichend. Auch bei optimalem HbA1c bleibt das Risiko von Herz-Kreislauf-Ereignissen deutlich erhöht. Daher müssen je nach Patient auch weitere Risikofaktoren wie LDL-Cholesterin (Senkung unter 100 mg/dL), Blutdruck (Senkung unter 130/80 mmHg oder so tief wie akzeptabel), sowie Übergewicht und Rauchen behandelt werden.
Fazit
Der Diabetes mellitus hat alarmierende Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Bei früher Diagnose lässt sich jedoch durch eine Behandlung mit Medikamenten und einer Veränderung des Lebensstils einiges zur Gesunderhaltung von Herz und Gefäßen erreichen.
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