Ihr Herz-Kreislauf-Portal

Auf einem EKG sind mehrere Kurven zu sehen. Wie viele sind es normalerweise? © Towfiqu barbhuiya / Pexels

Auf einem EKG sind mehrere Kurven zu sehen. Wie viele sind es normalerweise? © Towfiqu barbhuiya / Pexels

Warum haben EKGs oft so viele Kurven?

Ein Elektrokardiogramm sagt viel über die elektrischen Vorgänge im Herzen und damit über die Herzfunktion aus. Oft wird ein kurzes Ruhe-EKG geschrieben, aber auch spezielle Belastungs- und Langzeit-EKGs sind typische Untersuchungen zur Abklärung von Herzproblemen.

Es gibt viele Beiträge in Zeitschriften und im Internet, die erklären, was genau Fachleute in einem EKG erkennen können. Wie kommt es, dass in diesen Artikeln manchmal sechs oder zwölf Kurven und manchmal nur eine Kurve in einem EKG gezeigt werden?

Warum gibt es so viele Kurven?

Während einer Herzaktion fließen im Herzen entlang des Erregungsleitungssystems elektrische Ströme. Dafür gibt es nicht nur eine einzelne Leitungsbahn. Außerdem befinden sich zwischen dem Herz und den Elektroden, mit denen gemessen wird, allerlei Gewebe (Muskeln, Haut), was die Messwerte ebenfalls beeinflusst.

Um die elektrische Spannung überhaupt messen zu können, braucht man zwei Elektroden – eine befindet sich an der negativ geladenen Seite der Spannungstrecke, die andere an der positiv geladenen. Je nachdem, wo die Elektroden auf der Körperoberfläche aufgeklebt werden, schaut man in verschiedenen „Sichtachsen“ durch das Herz. Wenn man zum Beispiel zwei „Sichtachsen“ vermessen will, braucht man drei Elektroden. Man spricht von Ableitungen. Ein Gerät mit 12 Ableitungen/Elektroden schreibt 12 Kurven, also ein 12-Kanal-EKG. Die Kurven spiegeln den zeitlichen Verlauf der Spannung entlang der „Sichtachsen“ wider.

Die einzelnen Kurven unterscheiden sich manchmal stark, dann ist z. B. bei der einen Kurve ein Ausschlag nach oben und bei der anderen gleichzeitig einer nach unten zu sehen. Andere Kurven wiederum ähneln einander, dann sind es die kleinen unterschiedlichen Details, aus denen der Arzt oder die Ärztin Informationen gewinnt.

In kardiologischen Fachpraxen werden auch Vektorkardiogramme angefertigt. Das Messeprinzip ist dasselbe, aber hier können dank moderner Technik nicht nur einzelne „Sichtachsen“ vermessen werden, sondern es wird ein 3-D-Bild des Spannungsfeldes erfasst. So sind noch präzisere Aussagen über die Herzfunktion möglich. Für die konkrete Auswertung wird das Vektordiagramm meist in ein 12-Kanal-EKG umgerechnet. Eine Rundumsicht erlaubt auch das mobile Ableitsystem 360°, das mit nur 4 Elektroden ein 22-Kanal-EKG schreibt.

Es gibt zudem die Möglichkeit, eine einzelne Sonde in der Speiseröhre auf der Höhe des Herzens zu platzieren. In diesem Fall wird ein 1-Kanal-EKG aufgezeichnet. Bei einem intrakardialen EKG erfolgt die Messung über einen sogenannten Elektrodenkatheter.

Wer braucht welches EKG?

Für Routine-Untersuchungen, wie sie im Rahmen von Checkups in Hausarztpraxen durchgeführt werden, werden EKGs mit drei, häufiger sechs Ableitungen geschrieben. Auch viele mobile EKG-Geräte für zu Hause oder für die Langzeitmessung schreiben drei Kurven. Diese bieten bereits einen ganz guten Anhaltspunkt für die Herzfunktion.

Für weitergehende kardiologische Fragestellungen werden in der Regel EKGs mit 12 oder mehr Kanälen verwendet. Letztlich erfolgt jede Beurteilung der EKG-Kurven in Zusammenhang mit den Beschwerden und dem körperlichen Befund.

Bei Smartphone-Apps oder einfachen EKG-Geräten für zu Hause wird oft nur ein 1-Kanal-EKG geschrieben. Es liefert Grundinformationen, die zum Beispiel für die Früherkennung von Herzrhythmusstörungen ausreichen oder während des Sportes eine Kontrolle des Herzschlages erlauben. Es leistet auch gute Dienste bei der Überwachung von Patienten in ambulanten Notfallsituationen und beim Langzeitmonitoring.

Nur ein Kanal wird auch als Anschauungshilfe in Texten verwendet, die Laien erklären, was ein Elektrokardiogramm zeigt und wie es mit den Phasen des Herzschlages zusammenhängt. Die Sichtachse, die diesen Abbildungen am ehesten entspricht, zieht sich über die ganze Herzlänge hin.