
Die Herzhose ist eine nicht-invasive Behandlungsmethode zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit. © Jenny Friedrichs / Pixabay
Herzhose – Natürlicher Bypass ohne OP bei KHK und pAVK?
Mit einer Technik, die als externe Gegenpulsation bezeichnet wird, soll die sogenannte „Herzhose“ die Durchblutung (unter anderem) am Herzen fördern. Doch was ist die Herzhose, wie funktioniert sie und für wen eignet sie sich? Und last but not least, ist die Behandlung mit der Herzhose wirklich wirksam?
Was ist eine Herzhose?
Die Herzhose besteht aus mehreren Manschetten, die Blutdruckmanschetten ähneln, und die beidseitig um die Unter- und Oberschenkel sowie um das Becken angelegt werden. Ziel der Behandlung ist eine Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit.
Die Bezeichnung „Herzhose“ entstand, da die angelegten Manschetten den Eindruck erwecken, man hätte man eine Hose an.
So funktioniert die Behandlung mit der Herzhose
Zu Beginn jeder Behandlungseinheit werden der Patientin oder dem Patienten insgesamt sechs Manschetten um beide Beine und das Becken angelegt. Diese werden anschließend – angepasst an den Herzschlag – wiederholt stoßartig aufgeblasen. Während der Behandlung liegt die Patientin oder der Patient auf einer Liege, Herzschlag und Sauerstoffsättigung des Blutes werden kontinuierlich überwacht.
Sind die Manschetten aufgeblasen, erhöht sich der Druck in den Blutgefäßen und der Blutfluss in den Arterien und Venen wird beschleunigt, ähnlich wie dies beim Sport geschieht. Wird im Anschluss an jedes Aufpumpen die eingeblasene Luft wieder entleert, sinken der Druck in den Blutgefäßen und die Geschwindigkeit des Blutflusses wieder. Die Beschleunigung des Blutflusses fördert die Entstehung neuer Blutgefäße („Ersatzadern“), ganz ohne Operation (natürliche Bypässe). Die Technik der Herzhose wird allgemein als externe Gegenpulsation beziehungsweise als „individual shear rate therapy“ (ISRT) bezeichnet.
Wie viel Druck mit den Manschetten erzeugt werden soll, kann vorher anhand eines speziellen an der Charité entwickelten Messgerätes, dem „Gefäßtachometer®“, berechnet werden. Dies ermöglicht, dass die Therapie individuell an die Bedürfnisse der Patienten angepasst wird.
- Expertenwissen: externe Gegenpulsation und natürliche Bypässe
Die höhere Geschwindigkeit des Blutflusses, die im Rahmen der Behandlung mit der Herzhose erzeugt wird, aktiviert die „Selbstheilungskräfte“ des Körpers durch die Freisetzung spezieller Botenstoffe aus den Wänden der Blutgefäße. Dadurch wird die Bildung neuer Blutgefäße angeregt.
Bilden sich neue Blutgefäße spricht man von „Angiogenese“ oder „Arteriogenese“.
Über die neuen Blutgefäße können Organe und Gewebe wieder besser mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut versorgt werden, ähnlich wie das über einen Bypass geschieht. Daher die Bezeichnung „natürlicher Bypass“.
Als positiver Nebeneffekt kann es zu einer Senkung des Blutdrucks kommen.
Ort und Dauer der Behandlung
Die Behandlung mit der Herzhose erfolgt ambulant und wird von speziell geschultem Personal in zertifizierten Behandlungszentren durchgeführt. Für ein gutes Behandlungsergebnis werden 25 bis 35 Behandlungssitzungen über fünf bis sieben Wochen empfohlen, wobei jede Sitzung eine Stunde dauert.
Für wen eignet sich die Herzhose?
Die Herzhose ist eine Behandlung für Menschen, die unter chronischen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems leiden, mit dem Ziel, die Bildung natürlicher Bypässe im Körper zu fördern. Auf diese Weise soll die Versorgung von Organen und Geweben mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut verbessert werden, wenn diese zum Beispiel durch Atherosklerose eingeschränkt ist.
Mögliche Einsatzgebiete sind:
- Koronare Herzkrankheit
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
- Erektionsstörungen (Erektile Dysfunktion)
Schon gewusst? Auch bei Patienten mit Long-Covid kann die Herzhose zur Verbesserung der Beschwerden eingesetzt werden. Aktuelle Studiendaten zur Wirksamkeit liegen jedoch derzeit nicht vor.
WICHTIG! Die Herzhose steht nur bei chronischen Beschwerden als Behandlungsoption zur Verfügung. Sollten Sie unter neu aufgetretenen Beschwerden leiden, suchen Sie umgehend ärztlichen Rat!
Voruntersuchungen
Vor Therapiebeginn müssen einige Untersuchungen durchgeführt werden:
- Knöchel-Arm-Index (ABI)
- Ruhe- und Belastungs-EKG
- 24-Stunden-Blutdruck
- Sechs-Minuten-Gehtest
- Pulswellenanalyse
- Echokardiografie
Welche Untersuchungen im Einzelfall erforderlich sind, erklärt Ihnen Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt. Ziel dabei ist es zu überprüfen, ob mögliche Begleiterkrankungen vorliegen, wegen derer die Behandlung mit der Herzhose nicht durchgeführt werden sollte.
Was sind die Vorteile der Behandlung mit der Herzhose?
Vorteilhaft an der Herzhose ist, dass die Bildung neuer Blutgefäße über eine schonende Methode angeregt wird, ähnlich wie dies bei körperlicher Aktivität, sprich Sport, passiert. Im Gegensatz zu Sport ist die Therapie für Patientinnen und Patienten aber nicht anstrengend, sodass Puls und Blutdruck unter der Behandlung nicht ansteigen. Deswegen ist die Herzhose auch insbesondere für Personen, die aufgrund fortgeschrittener Beschwerden keinen Sport treiben können und in ihrer Mobilität und Belastbarkeit stark eingeschränkt sind, eine Chance.
Im Vergleich zu anderen Behandlungsansätzen, die mit externer Gegenpulsation arbeiten, kann die Herzhose die Drücke individuell an jede Patientin und jeden Patienten anpassen.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass für die Anwendung der Herzhose weder eine Narkose noch eine Operation notwendig sind.
Gibt es Risiken bei der Behandlung?
Bei der Herzhose trifft das Sprichwort „Viel hilft viel“ nicht zu, denn zu hohe Drücke in den Manschetten können einen gesundheitsschädigenden Effekt haben. Eine individuelle Therapie ist deswegen wichtig.
Mögliche unerwünschte Nebenwirkungen sind:
- Blutergüsse unter den Manschetten
- Muskel- und Gelenkschmerzen
- Erschöpfung
Fazit
Verschiedene Studien konnten die Wirksamkeit der Herzhose bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei koronarer Herzkrankheit und pAVK („Schaufensterkrankheit“) zeigen.
Dennoch müssen Patienten damit rechnen, die Behandlungskosten selbst zu tragen. Diese können je nach Behandlungsdauer zwischen 3.400 und 4.000 Euro betragen.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass die Behandlung mit der Herzhose eine gesunde Lebensweise nicht ersetzen kann. Ausreichend Bewegung, ein Verzicht auf Rauchen sowie eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige ärztliche Untersuchungen spielen eine wichtige Rolle in der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sollten auch während und nach einer Behandlung mit der Herzhose bestmöglich umgesetzt werden. Am besten versuchen Sie frühzeitig, Ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit zu unterstützen und zu fördern!