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Tennisspieler am Boden: Jung, fit, Herzinfarkt – wie kann das passieren? © Oliver Sjöström / Pexels

Jung, fit, Herzinfarkt – wie kann das passieren? © Oliver Sjöström / Pexels

Sind Herzprobleme eine Alterserscheinung?

Bluthochdruck, Herzschwäche, Arterienverkalkung, Diabetes – viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten als Alterserscheinung. Und tatsächlich entwickeln sich einige Erkrankungen erst im Laufe der Jahre: Die Organe altern, kleine Probleme summieren sich auf, ungesunde Lebensgewohnheiten zeigen ihre Folgen. Heißt das, junge Menschen können keine Herzprobleme bekommen?

  • Risikofaktoren wirken von Anfang an

    Junge Menschen haben schon immer eher das Heute als das Übermorgen im Blick – „alt und weise sein“ kann man ja später noch. Und das ist im Grunde auch gut so. Spaß mit Freunden im Chat, in der Shisha-Runde oder bei feucht-fröhlichen Partys – solange man das nicht übertreibt, merkt man keine schlimmen Folgen. Allerdings wirken Risikofaktoren von Anfang an schädlich und ob etwas übertrieben ist, das sehen Betroffene und Außenstehende auch eher unterschiedlich.

    Dazu kommt ein grundsätzliches Problem: Schon seit einigen Jahrzehnten verändert sich unsere Lebensweise gravierend. Der Anteil von Jobs mit körperlicher Arbeit sinkt, die Anforderungen werden wegen der eingesetzten Technik komplexer, die Forderung nach effektiver Selbstorganisation im Job häufiger. Ähnliches trifft für die Freizeit zu: Ein Großteil von Spaß und Kommunikation findet vor dem Bildschirm oder am Smartphone statt, nur der aktuellste Trend ist der beste und auch das Equipment für Outdoor-Aktivitäten muss – so die stete unterschwellige Forderung – immer auf dem neuesten Stand sein.

    Ergebnis: Deutlich weniger Bewegung bei deutlich mehr psychischem Stress im Alltag. Die Auswirkungen sehen nicht nur Psychologen, auch Diabetologen und Herz-Kreislauf-Mediziner haben es mit immer jüngeren Betroffenen zu tun.

    Apropos Risikofaktoren: Noch immer wird von vielen unterschätzt, welche Schäden das Passivrauchen in den Blutgefäßen von Kindern hinterlässt. Als junge Erwachsene haben diese Kinder ein erhöhtes Risiko für Atherosklerose – auch wenn sie selbst gesund leben.

Junge Herzen = starke Herzen?

Im Prinzip stimmt es: Herz und Kreislauf junger Menschen sind leistungsstärker als die von Älteren mit vergleichbarer Lebensweise – zumindest, wenn sie gesund sind. Neben den Belastungen durch Umwelt und Lebensweise spielen aber auch andere Aspekte eine Rolle, wie beispielsweise

  • Stoffwechselerkrankungen (z. B. Hypercholesterinämie)
  • Genetische Faktoren (z. B. angeborene Herzfehler)
  • Durch Infektionen ausgelöste Folgeerkrankungen (z. B. Herz-Entzündungen nach Influenza)
  • Folgen anderer Erkrankungen (z. B. von Schilddrüsenfehlfunktionen oder Nierenproblemen)

Vor allem angeborene Herz- und Gefäß-Erkrankungen bleiben nicht selten unentdeckt. Die Gründe:

  • Manche Probleme zeigen sich im Alltag meist gar nicht: Bei der als Brugada-Syndrom bezeichneten Herzrhythmusstörung beispielsweise sind die Betroffenen scheinbar gesund und fallen trotzdem immer wieder in Ohnmacht.
  • Eine geringere Leistungsfähigkeit der Kinder oder Jugendlichen wird eher auf Bewegungsmangel geschoben, weil das bei den meisten „Unsportlichen“ ja tatsächlich auch der Grund ist.
  • Bei Sportlern wiederum kompensiert das Training eventuelle Schwächen. Diese Fälle sind besonders fatal, weil es hier – vor allem im Leistungssportbereich – schnell zu einer Überlastung kommen kann. Das ist übrigens auch der Grund, warum eine sorgfältige kardiologische Betreuung für Sportler sehr wichtig ist.

Familiäre Hypercholesterinämie: Risiko früher Herzinfarkt

Ein Problem ist zum Beispiel die Familiäre Hypercholesterinämie (FH), eine vererbbare Stoffwechselkrankheit. Sie ist die häufigste Ursache für einen frühen Herzinfarkt, da sie schon im Kindesalter zu massiv erhöhten Cholesterinwerten und Atherosklerose führen kann. Ein Herzinfarkt noch vor dem 30. Lebensjahr ist damit durchaus wahrscheinlich.

Eine frühe Therapie kann das Herzinfarktrisiko deutlich senken – dazu muss die FH aber erst einmal erkannt werden. Wenn bei Mitgliedern einer Familie bereits ein oder mehrere frühe Herzinfarkte (vor dem 55. Lebensjahr) aufgetreten sind und/oder insbesondere der LDL-Cholesterinspiegel bei vielen Blutsverwandten hoch ist, sollten auch schon bei einem Kind die Blutfettwerte bestimmt werden.

Insgesamt treten Herzinfarkte bei Menschen im Atler unter 30 Jahren jedoch sehr selten auf. Die Symptome eines Herzinfarkts sind bei jungen Menschen die gleichen wie bei älteren:

  • Intensivste, stärkste Schmerzen und ein Druckgefühl hinter dem Brustbein
  • Ausstrahlung der Schmerzen bis in Schultern, Rücken, Unterkiefer oder in den linken Arm, manchmal auch in den Oberbauch
  • Atemnot, Schwindel und Schweißausbrüche
  • Übelkeit oder Erbrechen
  • Herzrasen
  • Todesangst
  • Bewusstlosigkeit

Selbst Ärzte denken bei jungen Menschen trotz typischer Beschwerden manchmal nicht sofort an einen Herzinfarkt – eben, weil das in diesem Alter nicht so oft passiert. Stark erhöhte Cholesterinwerte als Hinweis auf eine familiäre Hypercholesterinämie können jedoch darauf hinweisen, dass der Betreffende doch einen Herzinfarkt erlitten hat.

Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen können generell schon in sehr jungen Jahren auftreten. Das muss nicht auf eine Krankheit hindeuten: Emotionaler Stress und ein Elektrolyt-Ungleichgewicht bringen das Herz ebenfalls aus dem Takt, zudem kann dies durch Kaffee, Tee, Alkohol, Nikotin und Drogen, durch Medikamente oder bei Fieber passieren. Auch bei extremen Ausdauersportarten kommen Herzrhythmusstörungen vor.

Als Einzelereignisse sind solche Episoden für junge Menschen relativ unproblematisch. Wenn diese öfter vorkommen, können allerdings Schäden am Herzen und seinem Erregungssystem entstehen. Außerdem kann eine Häufung von Herzrasen oder -stolpern eine bereits vorliegende Erkrankung des Herzens anzeigen.

Herzprobleme als Folgeerkrankungen

Junge Menschen verkraften die meisten Erkrankungen besser als ältere Betroffene. Deshalb neigen sie gelegentlich dazu, Krankheiten zu unterschätzen und sich zu früh wieder zu belasten.

Vor allem bei Infektionskrankheiten kann das schlimme Folgen haben. Erschwerend ist dabei die Tatsache, dass sich eine Herzentzündung nicht zwangsläufig zusammen mit oder unmittelbar nach der Grund-Infektion bemerkbar macht – oft denkt man gar nicht mehr an die Grippe, wenn sich plötzlich Brustschmerzen oder Atemnot einstellen.

Fazit

Auch wenn Herz- und Kreislauf-Probleme mit zunehmendem Alter wahrscheinlicher werden: Gefeit davor sind auch junge Menschen nicht. Bei familiärer Vorbelastung und für Leistungssportler empfiehlt sich deshalb ein gründlicher Herz-Check-up. Und: Je früher man auf eine gesunde Lebensweise achtet, desto besser beugt man frühen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor.