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Sex: Wie hoch ist das Risiko für das kranke Herz? © Deagreez / iStock

Sex: Wie hoch ist das Risiko für das kranke Herz? © Deagreez / iStock

Schwaches Herz: Ist Sex gefährlich?

Sex gehört für viele Männer und Frauen zu einem erfüllten Leben. Müssen Menschen mit einem kranken Herzen auf dieses Stück Lebensqualität verzichten? Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. In den meisten Fällen ist aber nichts gegen sexuelle Aktivitäten einzuwenden – wenn man ein paar wenige Dinge beachtet. Sogar im Gegenteil: Erlebte Nähe und Intimität, gestärktes Selbstvertrauen und emotionale Zufriedenheit wirken sich günstig auf den Gesundheitszustand aus. Was also sollten Sie wissen?

Nicht so anstrengend wie vermutet 

Sex ist – soweit er nicht als „Hochleistungssport“ betrieben wird – weniger anstrengend, als die meisten Menschen annehmen. Man kann ihn von der körperlichen Leistungskraft her etwa mit Fahrradfahren oder Treppensteigen vergleichen. Das heißt vereinfacht gesagt: Wer zwei Stockwerke Treppen ersteigen kann, ohne Schmerzen in der Brust zu verspüren oder nach Luft zu schnappen, der kann auch ruhigen Gewissens Sex haben. Gut zu wissen: Die gelegentlich erzählte Geschichte vom „Herztod durch Orgasmus“ ist eher eine Legende als ein Fakt. Daten aus Amerika zeigen, dass jeweils nur weniger als 1 % der Herzinfarkt und des plötzlichen Herztods beim Geschlechtsverkehr passieren.

Vorsichtsmaßnahmen 

Sobald bei Ihnen eine Herzerkrankung diagnostiziert wurde sowie nach Herzoperation bzw. Implantation ein Therapiegerätes, sprechen Sie bei Ihrem nächsten Arzttermin das Thema Sex an! Der Arzt oder die Ärztin kann Ihnen etwas zu Ihrer Belastbarkeit sagen.

Vorerst von Sex abgeraten wird zum Beispiel bei einer sehr schweren Erkrankung, wenn bereits ohne Anstrengung Symptome auftreten oder auch wenn die Beschwerden durch den Geschlechtsakt ausgelöst wurden. In diesen Fällen ergibt sich erst im Laufe der Behandlung, inwieweit die Belastbarkeit wieder ausreichend gesteigert werden kann.

Wenn Sie beschwerdefrei sind, steht dem Liebespiel nicht viel im Wege. Sie sollten jedoch dabei – wie bei anderen körperlichen Aktivitäten auch – auf Ihren Körper hören. Falls Sie das Gefühl haben, dass sich Herzschlag und Atmung unpassend beschleunigen, oder wenn Sie sich unwohl fühlen, treten Sie etwas kürzer. Auch eine Pause kann angebracht sein. Werden Sie nicht unmittelbar nach schwerem Essen oder starkem Alkoholgenuss sexuell aktiv. Wählen Sie einen Ort und Zeitpunkt, der entspannend für Sie und Ihren Partner bzw. Ihre Partnerin ist. Nutzen Sie das Vorspiel zur Anpassung an die höhere Körperaktivität und wählen Sie körperlich wenig anstrengende Positionen.

Übrigens: Die Belastbarkeit – auch die beim Sex – kann man durch angepassten Sport erhöhen. Für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen eignet sich Rehasport, beispielsweise in Herzsportgruppen. Reha- und Herzsport können ärztlich „auf Rezept“ verordnet werden.

Sex und Therapiegerät 

Wenn Sie einen implantierbaren Defibrillator oder einen Herzschrittmacher erhalten und Sex haben wollen, ist zu beachten, dass die Heilung abgeschlossen sein sollte, Sie sich körperlich stabil fühlen und von Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin grünes Licht bekommen haben.

Da Puls und Blutdruck beim Sex meistens nur moderat erhöht sind, sollte es durch Sex zu keinen Komplikationen mit dem implantierbaren Defibrillator kommen. Werden dennoch Schocks während des Sexes ausgelöst, gilt wie auch in anderen Situationen, dass Sie sich ärztlichen Rat holen sollten.

Partner oder Partnerinnen sind im Fall eines Schocks durch den implantierten Defibrillator übrigens nicht in Gefahr: Sie erhalten keinen Stromstoß.

Erektile Dysfunktion 

Herz-Kreislauf-Probleme wirken sich nicht selten auf die Erektionsfähigkeit aus. Und das bereits ab einem sehr frühen Erkrankungsstadium. Gelegentlich gehört so eine Störung auch zu den Nebenwirkungen von Medikamenten. Eine erektile Dysfunktion kann jedoch

behandelt werden – sprechen Sie unbedingt offen mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber. Auf keinen Fall sollten Sie ohne Rücksprache zu potenzsteigernden Medikamenten greifen, denn nicht alle dieser Medikamente sind für Herzerkrankte geeignet. Auch müssen mögliche Nebenwirkungen mit Herz- und Blutdruckmedikamenten beachtet werden.

Eine erektile Dysfunktion bei Personen ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankung kann in manchen Fällen jedoch auch ein erstes Zeichen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sein. Wenn Sie unter Erektionsstörungen leiden, sollten Sie diese deswegen auf jeden Fall ernst nehmen und mit Ihrem Arzt oder Ärztin besprechen, um mögliche gefährliche zugrunde liegende Ursachen frühzeitig zu erkennen und – falls erforderlich – zu behandeln.

Nicht aus Angst verzichten 

Abgesehen von den Fällen, in denen von Sex ärztlich abgeraten wird, sollten Sie nicht aus Angst um Ihre Gesundheit auf ein Liebesleben verzichten. Es gibt nämlich eine Reihe positiver Wirkungen. Zum einen spielen die Geschlechtshormone, die dabei aktiviert und ins Gleichgewicht gebracht werden, für sehr viele Prozesse im Körper eine wichtige Rolle. Außerdem wirkt Sex stressabbauend – deutlich über den eigentlichen Akt hinaus – und stärkt das Immunsystem. Und auch der Kreislauf profitiert von diesem moderaten „Training“, was wiederum dem Herzen guttut.

Schon gewusst? Eine Untersuchung an 495 Patientinnen und Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten hatten, beobachtete eine um 10 % reduziert Sterblichkeit bei denen, die angaben, regelmäßig Sex zu haben.