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Herzvorsorge: Welche Untersuchungen sind nötig und sinnvoll? © Alexander Raths / fotolia

Herzvorsorge: Welche Untersuchungen sind nötig und sinnvoll? © Alexander Raths / fotolia

Herzvorsorge – aber mit Vernunft

Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass unser Herz unablässig für uns arbeitet, und werden erst auf unseren Lebensmotor aufmerksam, wenn er Probleme macht. Dabei ist ein gesundes Herz keine Selbstverständlichkeit: Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen in den Industrieländern zu den häufigsten Todesursachen.

Wir können jedoch mit unserem Lebensstil viel dafür tun, unser Herz und unsere Blutgefäße gesund zu erhalten: Mit einer ausgewogenen Ernährung, reichlicher Bewegung, dem Vermeiden von Übergewicht, Tabak und übermäßigem Alkohol leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Herzgesundheit.

Eine vernünftige Herzvorsorge ist ebenso wichtig. Sie hilft dabei, Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkennen, diesen vorzubeugen sowie etwaige Herzerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Doch wo anfangen?

Wir haben Dr. med. Ralf Birkemeyer, Kardiologe an der Herzklinik Ulm, befragt, welche Untersuchungen notwendig und sinnvoll sind.

  • Warum checken lassen?

    Sind Vorsorgeuntersuchungen wirklich so wichtig? Ich fühle mich doch wohl!

    Bei der Herzvorsorge geht es vor allen Dingen darum, Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzerkrankungen zu erkennen und diese möglichst früh einzudämmen. Dies kann durch Änderung des Lebensstils oder bei einzelnen Patienten mit sehr hohem Risiko durch medikamentöse Therapie noch im Stadium des Wohlbefindens geschehen.

    Was trägt zu einem erhöhten Risiko bei, an Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken?

    Die klassischen Risikofaktoren sind einmal die erhöhten Blutdruckwerte, erhöhtes LDL-Cholesterin, das Rauchen und die Zuckererkrankung. Daneben gibt es natürlich angeborene Risiken, die familiäre Prädisposition, das heißt, das Vorkommen solcher Erkrankungen in der Familie. Das sind die wichtigsten Risikofaktoren und dann gibt es noch eine Menge Faktoren, die das Risiko weiter vergrößern können, darunter die mangelnde körperliche Bewegung.

    Wo sind die typischen Schwachstellen im Herz-Kreislaufsystem?

    Die häufigsten Erkrankungen spielen sich an den Blutgefäßen ab, sowohl an den Herzkranzgefäßen (bei koronaren Herzerkrankungen), aber auch an den Gefäßen, die zum Gehirn führen, also den Halsgefäßen (Carotiden), oder den Gefäßen im Gehirn und den peripheren Gefäßen.

    Dazu kommen die Erkrankungen der Herzmuskulatur und der Herzklappen. Eine Herzmuskelschwäche ist häufig Folge einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, die das Herz selbst mit Blut versorgen. Verschlüsse der Kranzgefäße verursachen Herzinfarkte oder einen langsamen Untergang des Herzgewebes. Hierbei entstehen Narben am Herzen.

    Eine häufige andere Ursache für die Entwicklung einer Herzschwäche ist der Bluthochdruck. Hierbei verdickt sich der Herzmuskel zunächst. In der Folge kann es dann aber auch zu einer Erweiterung des Herzens und einer Abnahme der Herzkraft kommen.

  • Wann checken lassen?

    Ab welchem Alter sollte man eine Herzvorsorge durchführen lassen?

    Es ist natürlich gut, Risikofaktoren möglichst früh zu erkennen. Herzvorsorgeuntersuchungen werden in Deutschland ab dem 35. Lebensjahr angeboten, in den internationalen Leitlinien werden sie ab dem 40. Lebensjahr empfohlen.

    Wie häufig sollte man eine Vorsorgeuntersuchung wiederholen?

    In Deutschland gibt man sich im internationalen Vergleich mit der Prävention sehr viel Mühe, hier wird so ein Check-up alle zwei Jahre bezahlt. Empfohlen sind wenigstens alle 5 Jahre.

  • Was checken lassen?

    Check-Untersuchungen – Was ist sinnvoll in Hinblick auf das Herz-Kreislauf-System, was wird empfohlen?

    Basisuntersuchung

    Die Basisuntersuchung setzt sich aus zwei Abschnitten zusammen, die dazu da sind, abzuschätzen, wie hoch das Risiko für diesen Patienten ist, in den nächsten Jahren an einer Herzkreislauferkrankung zu erkranken oder zu versterben.

    Zuerst gibt es eine Unterhaltung mit dem Arzt. Hier werden zunächst die Risikofaktoren abgefragt, die dem Patienten bekannt sind. Hierzu gehören unter anderem der Nikotingenuss sowie das familiäre Risiko, das es aufgrund von Krankheiten in der Familie des Patienten gibt, also ob es eine Häufung an koronaren Herzerkrankungen bzw. selteneren angeborenen Krankheiten oder plötzlichen Todesfällen in der Verwandtschaft gibt.

    Im zweiten Untersuchungsteil erfasst der Arzt durch eine Messung des Blutdrucks sowie verschiedene Laboruntersuchungen weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen, die dem Patienten eventuell bisher nicht bekannt sind. Dabei werden insbesondere die Blutfettwerte, einschließlich des Cholesterins, die Nierenwerte sowie zum Ausschluss einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) das so genannte HbA1c als Zuckerlangzeitwert untersucht.

    Aus diesen Informationen wird ein Risikoscore errechnet. Hierbei handelt es sich um eine Zahl, die das persönliche Risiko eines Menschen widerspiegelt, innerhalb der nächsten zehn Jahren an einem Herzinfarkt zu versterben. Ist dieser Wert sehr hoch, gilt es, das Risiko durch verschiedene, individuell abgestimmte Maßnahmen zu senken. Der Arzt wird die bzw. den Betroffenen erneut bestärken, auf das Rauchen zu verzichten und seinen Lebensstil auch im Hinblick auf Ernährung und Bewegung anzupassen. Gegebenenfalls wird eine medikamentöse Blutdruckeinstellung erfolgen und wahrscheinlich ein Cholesterinsenker verordnet werden.

    Weiterführende Untersuchungen

    Bei grenzwertig erhöhtem Risiko kann die Entscheidung über eine intensivierte Therapie in Abhängigkeit vom Vorliegen von Gefäßveränderungen an den peripheren Gefäßen oder dem Kalkgehalt in der Gefäßwand der Koronararterien getroffen werden. Hierzu können im Ultraschall die Halsgefäße auf das Vorhandensein von arteriosklerotischen Ablagerungen untersucht werden, ein einfacher, schneller Weg, der für den Patienten keine Strahlenbelastung mit sich bringt. Ein aufwendigeres Verfahren ist der Kalk-Score in der Computertomographie, aber dies bedeutet natürlich immer eine Strahlenbelastung. Eine andere, belastungsfreie Untersuchung ist der Knöchel-Arm-Index, (englisch ABI-Index). Hierzu misst man einfach den Blutdruck an beiden Armen und Beinen. Das Verhältnis dieser Werte zueinander gibt einen Hinweis auf eine Durchblutungsstörung, vor allem im Bereich der Schlagadern von Becken und Beinen.

    Darüber hinaus wird bei manchen Patienten bereits eine manifeste koronare Herzerkrankung vorliegen, obwohl sie noch keine Beschwerden haben. Hier können weitere Untersuchungen zum Nachweis von kardialen Durchblutungsstörungen zum Einsatz kommen (Stressechokardiographie, Myokrdszintigraphie, Stress-MRT).

    Diese weitere Diagnostik ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Betreffenden ein deutlich erhöhtes Risiko aufweisen, z. B. einen sehr hohen Blutdruck, der bei diesem Check-up auffällt, sehr hohe Blutfettwerte oder eine stark positive Familienanamnese (etwa wenn Geschwister an einem Herzinfarkt gestorben sind).

    Basisuntersuchung bei Freizeitsportlern über 45 Jahre

    Regelmäßige kardiologische Untersuchungen von Leistungssportlern sind heute üblich. In der Regel sind die jungen Sportler herzgesund. Plötzliche Todesfälle beim Sport sind deshalb sehr selten, werden aber breit wahrgenommen. Fast alle dieser Todesfälle beruhen auf Herzerkrankungen.

    Bei den jungen Sportlern kommen sowohl erworbene wie auch angeborene Herzfehler vor: Bei den angeborenen Herzfehlern im weiteren Sinne handelt es sich häufig um Erkrankungen der Bildung oder Weiterleitung von elektrischen Erregungen im Herzen, die die Leistungsfähigkeit des Herzens im Alltag zwar nicht einschränken, aber dennoch unter sportlicher Belastung zu tödlichen Herzrhythmusstörungen führen können.

    Um möglichen ererbten Herzfehlern auf die Spur zu kommen, unterhält sich der Arzt mit dem Sportler über Herzerkrankungen und Todesfälle in der Familie. Verstarb ein Familienangehöriger plötzlich und ohne erkennbare Ursache, dann wird man aufmerksam und führt eine spezifische Diagnostik nach Herzrhythmusstörungen durch.

    Eine weitere häufige Ursache für bedrohliche Herzprobleme bei jungen Sportlern können Herzmuskelentzündungen sein, die ggf. auch schon einige Zeit zurückliegen. Der Arzt fragt deshalb nach Infektionen in der letzten Zeit oder, ob es irgendwelche Zeichen eines plötzlichen Leistungsabfalls gab. Gegebenenfalls wird er dann weitere Untersuchungen durchführen.

    Bei älteren Menschen, die (wieder) Sport treiben wollen, sind es vor allem Erkrankungen der Herzkranzgefäße und anderer Blutgefäße, die zu einem tödlichen Herzkreislaufereignis führen könnten.

    Daher würde ich jedem, der sich mit 45 Jahren oder älter entschließt, sein Leben zu ändern und mehr Sport zu treiben, einen Checkup empfehlen. Wenn sich bei dieser Basisuntersuchung Hinweise für ein erhöhtes Risiko ergeben, eine koronare Herzerkrankung zu entwickeln, muss zur weiteren Abklärung ein EKG geschrieben sowie ein Belastungstest und eine Ultraschalluntersuchung des Herzens durchgeführt werden. Falls Patienten ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko aufweisen, wird der Arzt diese möglicherweise gefährdeten Patienten erst in einen körperlichen Zustand versetzen, dass sie sicher Sport treiben können.

    Ein Breitensportler unter 45 Jahre, der keine Beschwerden hat, braucht solche Untersuchungen nicht. Wer aber beim Sport Beschwerden bekommt und z. B. Druck auf der Brust oder unter einer Alltagsbelastung Atemnot verspürt, muss das vom Arzt unbedingt abklären lassen.

  • Was sonst noch tun?

    Sport ist gesund!

    Jede Frau und jeder Mann sollte Sport treiben und sich viel bewegen. Sport verringert das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung und kann bestehende Symptome zurückdrängen oder aufhalten. Je nach Gesundheitszustand sollte jeder für sich das richtige Maß finden. Wer beispielsweise an starken Durchblutungsstörungen leidet, sollte sich nicht heftig anstrengen, sondern sich untersuchen und beraten lassen und, wenn möglich, erst seinen Gesundheitszustand verbessern.