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Mann und Frau: Es gibt Unterschiede im Herz-Kreislauf-System. © Alexandra H. / pixelio

Mann und Frau: Es gibt Unterschiede im Herz-Kreislauf-System. © Alexandra H. / pixelio

Männerherzen und Frauenherzen

Dass Männer und Frauen verschieden „ticken”, weiß jeder. Aber auch bei Herz und Kreislauf gibt es wichtige Unterschiede, sowohl beim Erkrankungsrisiko als auch bei Symptomen, Krankheitsverlauf und der Reaktion auf Medikamente. Wir sagen Ihnen, warum das so ist, und räumen mit Irrtümern auf.    

Unterschiede beim Herz-Kreislauf-System

Im Prinzip ist das Herz-Kreislauf-System bei Männern und Frauen gleich aufgebaut und funktioniert auf die gleiche Weise. Allerdings sind die „Rahmenbedingungen“ verschieden, was nicht ohne Konsequenzen bleibt.

Kleineres Herz muss öfter pumpen

Frauen haben im Durchschnitt ein kleineres Herz: Das Herz pumpt also mit jedem Schlag weniger Blut und damit Sauerstoff in den Körper. Das bedeutet, dass es öfter schlagen muss, um die Organe zu versorgen – der Herzschlag ist schneller.

Sauerstoffversorgung variiert

Auch die Zusammensetzung des Blutes unterscheidet sich: Frauen haben fast ein Viertel weniger Hämoglobin im Blut, ihr Hämoglobinwert entspricht nämlich nur 75-80 % des männlichen Blutwertes. Da Hämoglobin den Sauerstoff im Blut transportiert, ist die Sauerstoffversorgung der Organe bei Frauen folglich etwas niedriger als bei Männern mit vergleichbarem Gesundheitszustand. Mit dem Alter lässt die Sauerstoffversorgung übrigens nach – bei Männern um etwa 1 % pro Jahr, bei Frauen nur um 0,8 % pro Jahr.

Feinere Gefäße sind empfindlicher

Die kleineren Arterien bei den Frauen bringen gleich mehrere Unterschiede mit sich. So verengen sie sich schon bei geringeren Plaqueablagerungen und können durch kleinere Thromben komplett verschlossen werden.

Weibliche Hormone: Schützend oder schädlich?

Dafür haben Frauen im gebärfähigen Alter einen „eingebauten“ Gefäßschutz. Die natürlichen Östrogene haben einen positiven Einfluss auf den Fettstoffwechsel und damit den Cholesterinspiegel. Unter anderem deshalb neigen jüngere Frauen weniger zur Gefäßverengung. Zudem wirken die weiblichen Hormone eher gefäßerweiternd – auch das beugt einer koronaren Herzkrankheit vor. Zumindest bis zu den Wechseljahren. Die Weitung der Gefäße durch das Östrogen beschränkt sich aber nicht nur auf die Arterien. Bei den Venen birgt sie ein höheres Risiko für Venenschwäche, Krampfadern und die Thrombosebildung in den Venen.

Weibliche Hormone begünstigen sogenannte Gefäßspasmen, bei denen sich die Arterien kampfartig zusammenziehen und auf diese Weise den Blutfluss unterbrechen. Dies passiert vor allem unter Stress, wie beispielsweise großer Trauer, was der Stress-Kardiomyopathie auch den Namen Broken-Heart-Syndrom eingebracht hat. Es tritt zwar sehr selten auf, aber 90 % der daran Erkrankten sind Frauen.

Vorsicht ist bei künstlich zugeführten Hormonen wie bei der Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren angeraten: Sie wirken sich auf die Blutgerinnung aus – das Thromboserisiko steigt, vor allem, wenn weitere Risikofaktoren wie Rauchen, zu hohe Cholesterin- und/oder Blutdruckwerte dazukommen.

Auch über die Antibabypille verabreichte Hormone können je nach Präparat und Dosierung die Gefahr für Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall steigern.

Risikofaktoren wirken anders

Eine ungesunde Lebensweise hat bei Frauen schneller negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System als bei Männern.

Beim Rauchen beispielweise lagern sich die schädlichen Stoffe in den feineren Bronchien und Gefäßen eher ab, zudem gibt es ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko bei Raucherinnen, die die Antibabypille nehmen. Bei den dünneren Arterien reicht weniger Plaque, um sie dramatisch zu verengen, und statistisch gesehen erhöht ein Typ-2-Diabetes das Risiko für einen Herzinfarkt – im Vergleich zu Männern – um mehr als das Zweifache.

Alltagstress und Depressionen wirken sich bei Frauen stärker auf die Herzgesundheit aus als bei Männern. Bei Männern schlagen dagegen vor allem beruflicher Stress und körperliche Überlastung zu Buche.

In Sachen Übergewicht unterscheiden sich die Gesundheitsfolgen indes kaum. Interessanterweise haben Frauen bis zum Alter von etwa 50 Jahren einen etwas günstigeren Body Mass Index (BMI) als Männer, holen nach den Wechseljahren aber auf: In der Altersgruppe bis 50 Jahre sind 17 % der Frauen und 23 % der Männer übergewichtig, bei  70- bis 79-Jährigen sind bereits etwas über 40 % der Frauen übergewichtig, aber nur etwas mehr als 30 % der Männer.

Blutdruck-Entwicklung unterscheidet sich

In einer aktuellen Studie ermittelten US-amerikanische Forscher, dass Frauen Anfang 20 einen niedrigeren Blutdruck haben als Männer. Er steigt jedoch während des gesamten Erwachsenenalters stärker an als bei Männern. Beim systolischen Blutdruck „überholen“ die Frauen die Männer etwa im Alter von 60 Jahren. Dann wird Hypertonie jedoch oft als simple Alterserscheinung nicht mehr ernst genug genommen und weniger konsequent therapiert

Thema Herzinfarkt

Herzinfarkt ist typisch männlich? Nein! Frauen haben oft nur andere Herzinfarktsymptome, die fehlgedeutet werden können.   

Der Anteil der sogenannten stillen Infarkte, also der Herzinfarkte ohne typische Brustschmerzen, ist bei Frauen höher. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Frauen später als Männer erkranken – das typische Infarkt-Symptom Brustschmerz wird aber mit zunehmendem Alter immer schwächer empfunden. Oft sind Luftnot, Übelkeit, Erbrechen und Oberbauchbeschwerden die einzigen Symptome, die bei Frauen bei einem Herzinfarkt oder einem akuten Koronarsyndrom als Vorstufe eines Infarkts auftreten. Zudem sind Frauen eher bereit, die Symptome „kleinzureden“ oder nur auf gezielte Nachfrage zu bestätigen, was die richtige Diagnose erschwert. Dies führt dazu, dass der Notarzt später informiert wird.

Auf der anderen Seite trifft es Männer eher „mitten im Leben“, die Dramatik dieser Situation prägt sich deutlicher ein. Männer reagieren auch besorgter auf Symptome, die das Herz betreffen, weil noch immer der Herzinfarkt als Männerkrankheit im Bewusstsein der meisten verankert ist.

Was statistisch belegt ist: Frauen haben schlechtere Überlebenschancen bei einem Infarkt. Die späte Erkennung durch die Betroffene – aber oft genug auch durch den Arzt oder die Ärztin – ist hier wahrscheinlich die Hauptursache.

Psychologische Unterschiede

Generell neigen Frauen eher dazu, Herzprobleme zu unterschätzen. Herzstolpern oder Herzrasen werden auf emotionale Ausnahmesituationen geschoben, Beschwerden, die nicht ständig präsent sind, als vorübergehende Störung abgetan. Vor allem ältere Frauen wollen oft „niemandem zur Last fallen“ – auch dem Notarzt nicht. Und: Wenn Medikamente eingenommen werden müssen, sind Männer eher bereit, die Einnahmevorschriften zu beachten, Frauen passen die Dosierung schneller an die gefühlten Symptome an.

Medikamente – andere Wirkungen, andere Nebenwirkungen möglich

Die Unterschiede bei Körpergewicht, Hormonhaushalt, Körperbau (z. B. Fett-Muskel-Verhältnis) und Stoffwechsel sind dafür verantwortlich, dass manche Medikamente bei Frauen und Männern verschieden gut wirken. Manchmal müsste nur die Dosis für Männer und Frauen verschieden gewählt werden, nicht selten sind es aber auch die Wirkstoffe selbst. So können Medikamente in Bezug auf die zu behandelnde Krankheit unterschiedlich wirksam sein, häufiger treten jedoch Nebenwirkungen bei Frauen stärker oder anders als bei Männern in Erscheinung. Dabei ist zu bedenken, dass im Rahmen von Studien geschlechtsspezifische Unterschiede bei Wirkungen und Nebenwirkungen nicht immer berücksichtigt bzw. weniger Frauen als Männern untersucht werden.

  • Weitere Unterschiede

    Daneben gibt es weitere Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Hinblick auf das Herz: So ruft eine Verengung einer Herzklappe, z. B. der Aortenklappe, bei beiden Geschlechtern eine Verdickung des Herzmuskels hervor. Diese sogenannte Herzhypertrophie und die damit verbundenen Umbauprozesse im Herz verlaufen bei Männern jedoch ungünstiger als bei Frauen.

    Ein anderes Beispiel ist die Vorbeugung eines Blutgerinnsels im Herzen und damit eines Schlaganfalls bei einer bestimmten Form einer Herzrhythmusstörung durch einen Verschluss des linken Herzohrs. Hierbei profitieren laut einer Studie Frauen mehr als Männer – Frauen fühlten sich nach dem Eingriff fitter als vorher, bei Männern war der subjektiv wahrgenommene Gesundheitszustand so wie vor der Operation.

    Darüber hinaus gibt es Unterschiede bei der Diagnose von Herzkrankheiten: Herzuntersuchungen wie die Ergometrie (Belastungs-EKG) sind bei Frauen in vielen Fällen weniger aussagekräftig. Warum das so ist, müssen die Forscher noch klären.

Konsequenzen

Der schon in den 1980er Jahren eingeführte Begriff der Gender-Medizin wird zunehmend populärer, und das ist gut so. Viele Ärzte berücksichtigen bereits aus ihrer Erfahrung heraus Geschlechtsunterschiede. Es gibt allerdings noch viel Nachholbedarf – sowohl was die Entwicklung von Medikamenten und Therapien speziell für Frauen angeht, als auch bei der Wissensvermittlung in Sachen Krankheitsbilder und diagnostische Besonderheiten.

Übrigens: Auch wenn Frauen in Sachen Herz-Kreislauf-Gesundheit etwas benachteiligt scheinen – eine gesunde Lebensführung wirkt sich bei ihnen wenigstens genauso förderlich aus wie bei Männern. So lassen sich zum Beispiel Herz und Kreislauf durch Sport ebenso gut trainieren, von Rauchverzicht und herzgesunder Ernährung profitieren Frauen sogar noch mehr.