
Führerschein weg wegen einer Herz-Kreislauf-Krankheit? © Andreas Breitling / Pixabay
Herzinfarkt – Lappen weg?
Was ist ein medizinisches Fahrverbot und bei welchen Herz-Kreislauf-Erkrankungen darf man nicht mehr Auto fahren? Lesen Sie hier, wie die Rechtslage aussieht.
Kompromiss zwischen Mobilität und Schutz
Sind Sie sich unsicher, ob Sie z. B. nach einer Bypassoperation Auto fahren können? Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt bzw. Ihrer behandelnden Ärztin. Er bzw. sie kennt Ihren Gesundheitszustand und kann Sie ggf. weiter untersuchen.
Bei der Beurteilung Ihrer medizinischen Fahreignung muss Ihr Wunsch nach Mobilität gegen Ihre eigene Sicherheit und den Schutz der Allgemeinheit abwogen werden. Hierbei spielt es eine große Rolle, wie wahrscheinlich eine bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankung zu einem Unfall führt, und ob der Betreffende als Berufsfahrer viel oder als Privatfahrer wenig am Straßenverkehr beteiligt ist.
Das Wichtigste vorneweg: Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt ist Ihr Helfer, nicht der Erfüllungsgehilfe der Führerscheinbehörde. Sie bzw. er kann Ihren Gesundheitszustand bezüglich Ihrer Eignung zum Autofahren medizinisch beurteilen und seinen Rat erteilen. Zu dieser Aufklärung sind Ärzte sogar verpflichtet. Sie können Ihnen z. B. je nach Erkrankung nahelegen, eine Zeitlang oder auch dauerhaft auf das Autofahren zu verzichten. Verbieten können sie es Ihnen aber nicht und den Führerschein nehmen sie Ihnen auch nicht weg. Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch in Sachen Fahreignung.
Anders sieht es aus, wenn die Führerscheinstelle einen Fach- oder Amtsarzt dazu beauftragt, ein Gutachten über Ihre Fahrtauglichkeit anzufertigen. Fällt diese negativ aus, kann die Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein einziehen.
Selbst Verantwortung übernehmen
Haben Sie einen gültigen Führerschein, ist Ihre Eigenverantwortung gefragt. Auch wenn Sie sich ungern einschränken, wird es in Ihrem eigenen Interesse sein, den ärztlichen Rat aufmerksam umzusetzen, denn alle Führerscheinbesitzer sind grundsätzlich vor Antritt jeder Autofahrt verpflichtet, sicherzustellen, dass sie fahrtüchtig sind.
Fahren Sie nun entgegen des ärztlichen Rates, riskieren Sie den Schutz Ihrer Fahrzeugversicherung, denn bei einem Unfall wird Ihnen die überwiegende Schuld zugerechnet. Bei gravierender Missachtung der ärztlichen Warnung und Unfall drohen Ihnen nicht nur der Führerscheinentzug, sondern in schweren Fällen mit Personenschaden auch Geld- oder Haftstrafen.
Unfallursache Herz-Kreislauf-Erkrankung
Ach, so schlimm wird es schon nicht sein? Doch, manchmal schon – oder es kann es plötzlich werden! Leiden Sie an bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kann sogar eine erhebliche Gefahr bestehen, dass Sie beim Fahren plötzlich die Kontrolle über Ihr Fahrzeug verlieren und einen Unfall verursachen. Beispiele sind die koronare Herzkrankheit und der Herzinfarkt. Es gibt aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei denen die mögliche Gefahr im Straßenverkehr nicht der Rede wert ist.
Insgesamt sind nur wenige Verkehrsunfälle nachweislich krankheitsbedingt, aber bei etwa einem Drittel dieser Unfälle liegt eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zugrunde. So werden etwa 8 % aller krankheitsbedingten Verkehrsunfälle durch eine Herzerkrankung verursacht, bei 7 % erlitt der Fahrer einen Schlaganfall und bei 18 % war ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus die Ursache.
Es gibt keine absolut feste Regel, bei welchen Herz-Kreislauf-Erkrankungen das Autofahren erlaubt ist. Der Arzt bzw, die Ärztin wird immer eine individuelle Entscheidung für den jeweiligen Patienten treffen, denn sehr viele Dinge können zusammenkommen, die den einen Herzpatienten zum Autofahren untauglich machen, einen anderen Menschen mit der gleichen Herz-Kreislauf-Erkrankung möglicherweise aber nicht.
Überblick Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Fahreignung
Zu Ihrer Orientierung haben wir hier ein Überblick für Sie zusammengestellt, bei welchen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Sie meist problemlos sofort oder nach einer bestimmten Erholungszeit Autofahren dürfen und wann Sie nur eingeschränkt oder möglicherweise gar nicht mehr fahren dürfen.
Wichtig: Der Gesetzgeber unterscheidet bei all diesen Fragen grundsätzlich zwischen zwei Gruppen von Führerscheinklassen. Etwas vereinfacht gesagt gehören alle A- und B-Führerscheinklassen (z. B. für PKW und Motorräder) zur ersten und alle C- und D-Klassen (z. B. für LKW und Busse) sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zur zweiten Gruppe.
Die gesetzlichen Anforderungen für Führerscheine der C- und D-Klassen liegen erheblich höher. So ist beispielsweise das Fahren eines Reisebusses Patienten mit einem implantierten ICD-Gerät grundsätzlich nicht erlaubt.
Herz-Kreislauf-Erkrankung | Privatfahrer | Berufsfahrer |
Keine Einschränkung außer bei Sehstörungen oder Symptomen, die das Gehirn betreffen (z. B. Kopfschmerzen/Schwindel) | Eventuell keine Fahreignung bei oberen Blutdruckwerten > 180 mmHg bzw. unteren Blutdruckwerten von > 110 mmHg | |
Keine Einschränkung | Keine Einschränkung | |
Keine Einschränkung nach komplikationsloser Erholung (Auswurffraktion der linken Herzkammer EF > 35 %). Bei einer geringeren Pumpleistung oder nach akutem Herzinfarkt kann die Fahreignung nach 4 Wochen wieder gegeben sein. | Bei Auswurffraktion der linken Herzkammer EF > 35 %) kann die Fahreignung nach 6 Wochen wieder gegeben sein. Bei EF > 35 % in der Regel keine Fahreignung. | |
Stabile Angina pectoris | Keine Einschränkung | Keine Fahreignung, wenn selbst bei geringer Belastung Angina-Symptome |
Ballondilatation oder Stent | Keine Einschränkung bei gutem Behandlungsergebnis | Fahreignung 4 Wochen nach gutem Behandlungsergebnis |
Fahreignung nach 2 -4 Wochen | Fahreignung nach 3 Monaten | |
Fahreignung bei leichter und evtl. mittelgradiger Herzinsuffizienz, sonst nicht. | Fahreignung bei leichter Herzinsuffizienz, wenn Pumpleistung EF >35 %, sonst nicht. | |
Fahreignung nach erfolgreicher Erholung | In der Regel keine Fahreignung | |
Herzunterstützungssysteme (künstliche Herzpumpe, VAD) | Individuelle Beurteilung | Keine Fahreignung |
Keine Fahreignung bei Ruheschmerz. Fahreignung 24 Stunden nach Gefäßaufdehnung oder Stent. Fahreignung 1 Woche nach Operation. | Keine Fahreignung bei Ruheschmerz. Fahreignung 1 Woche nach Gefäßaufdehnung oder Stent. Fahreignung 4 Wochen nach Operation. | |
Symptomloses Aortenaneurysma | Keine Fahreignung bei zu großem Aortendurchmesser bzw. erhöhtem Rupturrisiko | Wie Privatfahrer, aber keine Fahreignung bei Aortendurchmesser > 5,5 cm |
Keine Einschränkung bei fehlenden oder nur geringen Symptomen. | Nach Herzklappen-Operation ggf. Fahreignung bei Erholung nach 3 Monaten. Keine Fahreignung bei EF ≤35 %, schwerer Herzinsuffizienz, schwerer Herzklappenstenose oder schwerem Lungenhochdruck | |
Herzmuskelerkrankung mit Verdickung der linken Herzkammer (hypertrophe Kardiomyopathie) | In der Regel Fahreignung | Individuelle Beurteilung |
Individuelle Beurteilung | Individuelle Beurteilung | |
Herzrhythmusstörungen (z. B. Long-QT-Syndrom, Brugada-Syndrom) | Bei bestimmten Herzrhythmusstörungen Fahreignung bei Symptomfreiheit, keine Fahreignung u. a. nach Bewusstlosigkeit oder Überleben von plötzlichem Herztod. Individuelle Beurteilung | Wie Privatfahrer |
nach erster Synkope keine Einschränkung wiederholte Synkope: Einzelfallbeurteilung | nach erster Synkope keine Einschränkung wiederholte Synkope: Einzelfallbeurteilung – in der Regel keine Fahreignung | |
Individuelle Beurteilung, aber in der Regel keine Einschränkung | Individuelle Beurteilung, aber in der Regel keine Einschränkungen 1 Woche nach Operation oder Batterietausch bzw. 4 Wochen nach Elektrodenwechsel | |
Keine Fahreignung für mindestens 3 Monate nach Operation, danach individuelle Beurteilung | Keine Fahreignung | |
Individuelle Beurteilung, ggf. Anpassung des Fahrzeuges auf Ihre Bedürfnisse |
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Keine Einschränkung für gut eingestellte und geschulte Diabetiker mit guter Wahrnehmung einer möglichen Unterzuckerung Nach Stoffwechseldekompensation keine Fahreignung bis Stoffwechsellage nach Arzteinschätzung ausgeglichen | Wie Privatfahrer |
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