
Hoffnung bei vielen Erkrankungen: mRNA-Impfungen oder -Therapien © DoroT Schenk / Pixabay
Neue Impfstoffe: Wie funktioniert eine mRNA-Therapie?
Seit über die Covid-19-Impfstoffe berichtet wird, ist der Begriff mRNA in aller Munde. Diese Moleküle spielen bei so vielen Vorgängen im Körper eine Rolle, dass Mediziner hier Ansatzpunkte für die Therapien verschiedenster Erkrankungen sehen.
Was ist mRNA?
Im Körper gibt es grundsätzlich zwei Arten von Nukleinsäuren: DNA und RNA. Die DNA in den Genen ist gewissermaßen der Speicher der Informationen, die RNA trägt diese Information dorthin, wo sie gebraucht wird. mRNA (messenger-RNA) überträgt die Baupläne für die Herstellung der verschiedenen Eiweiße. Normalerweise verrichten die mRNA-Moleküle ihre Arbeit in derselben Zelle, in der sie entstehen, und werden schnell wieder abgebaut.
Man kann nun entweder die körpereigene mRNA daran hindern, ihre Arbeit zu erledigen, und damit die Produktion bestimmter Eiweiße ausbremsen, oder man bringt in den Körper modifizierte mRNA ein, damit gewünschte Eiweiße direkt vor Ort produziert werden.
Ein Vorteil von mRNA-Impfstoffen ist ihre schnelle Verfügbarkeit. Bei herkömmlichen Vakzinen (die Vakzine =Arzneistoffe, der zur Impfung verwendet werden und vor Erkrankung schützen sollen) müssen die abgeschwächten Erreger in Zellkulturen oder Versuchstieren vermehrt und aufwändig gereinigt werden, das braucht seine Zeit. mRNA hingegen wird in vitro (wörtlich: im Reagenzglas) hergestellt. Außerdem lässt sie sich zielgenau anpassen, sodass sich bereits in der Forschung schneller Ergebnisse einstellen.
- Beispiel Covid-19
Die krankmachende Wirkung von Viren entsteht durch ihre Vermehrungsweise: Sie dringen in die Zelle ein, geben ihr eigenes Erbgut in die Zelle ab und veranlassen diese, die nötigen Eiweiße für neue Viren zu erzeugen. Dabei geht die Körperzelle zugrunde und die so vermehrten Viren können weitere Zellen befallen.
Mit dem mRNA-Impfstoff wird die Zelle ebenfalls zum Bau von Viren-Eiweiß veranlasst – aber nur für ein einziges. Es entsteht also kein komplettes Virus, das weitere Zellen infizieren könnte. Das Immunsystem des Körpers kann sich auf dieses eine Eiweiß einstellen und kann später angreifende Viren, rasch erkennen und bekämpfen.
- Beispiel Cholesterin
Cholesterin ist wichtig für die Zellen. Damit es dort aufgenommen werden kann, sind LDL-Rezeptoren auf der Zellwand wichtig. In der Leber wird allerdings das Enzym PCSK9 gebildet, das diese Rezeptoren abbaut. Ist – in der Regel erblich bedingt – zu viel PCSK9 vorhanden, sammelt sich das Cholesterin im Blut und schädigt die Gefäße.
Man kann dieses Enzym blockieren, dafür gibt es bereits blutfettsenkende Medikamente.
Ein andere Möglichkeit besteht darin, die Produktion von PCSK9 einzudämmen, indem man die dafür nötige mRNA ausschaltet. Dazu wird siRNA (small interfering ribonucleic acid) eingesetzt, die diese mRNA abbaut. Ende 2020 wurde ein entsprechendes Medikament, das alle 6 Monate gespritzt wird, in der EU zugelassen.
- Beispiel Krebs
Die klassischen Therapiemöglichkeiten bei Krebs – Operation, Bestrahlung, Chemotherapie – schädigen auch gesundes Gewebe und haben oft erhebliche Nebenwirkungen. Ein relativ neuer Ansatz ist die Immuntherapie. Sie setzt darauf, dass der Körper aus eigenen Kräften Krebszellen erkennen und eliminieren kann. Oft ist das Immunsystem aber „blind“ gegenüber diesen Zellen. Bei der Immuntherapie werden die Krebszellen für die Abwehrzellen sichtbar gemacht, indem krebstypische Eiweiße produziert werden, auf die das Immunsystem dann reagiert. Dies kann bald auch mit einer mRNA-Therapie erreicht werden. Extra-Vorteil: Sie könnte individuell für jeden Patienten und seine Erkrankung angepasst werden. Dazu laufen bereits klinische Studien der Phase III, der Impfstoff ist damit auf dem Weg zur Zulassung.
Beeinflusst mRNA das Erbgut?
Nein. Eine einzelne mRNA kann unser Erbgut nicht verändern. Sie dient nur als Bauplan für ein einziges Eiweiß und geht dann zugrunde. Unser Erbgut besteht aus DNA und der Körper kann DNA-Information ablesen und in RNA umsetzen, aber nicht umgekehrt.
Es gibt zwar bestimmte Viren (Retroviren), die ihre eigene RNA in DNA umschreiben können, aber dazu braucht es das intakte Virus, das die dafür notwendigen Enzyme mitbringt, die wiederum nur die viruseigene RNA umschreiben können. Der Corona-Virus gehört nicht dazu. Die Impf-RNA trägt ohnehin nur den Bauplan für ein kleines Teil der Virushülle und kann daher nicht in DNA übertragen werden.