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Grafische Darstellung eines DNA-Doppelstranges: Die Gentherapie setzt bei den genetischen Ursachen der Krankheit an. © Alex / fotolia

Die Gentherapie setzt bei den genetischen Ursachen der Krankheit an. © Alex / fotolia

Stammzelltherapie und Gentherapie in der Herz-Kreislauf-Medizin

Die Stammzell- und die Gentherapie sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. So gehören Stammzelltransplantationen (Knochenmarkübertragungen) schon seit geraumer Zeit zum Therapiespektrum bei Blutkrebs. Interessant sind diese Behandlungsverfahren aber auch in der Kardiologie, wobei man einräumen muss, dass sich die meisten Ansätze noch im Forschungsstadium befinden.

  • Stammzelltherapie

    Was sind Stammzellen?

    Wenn sich in einem Organ oder Gewebe neue Zellen bilden, dann sind diese in der Regel so programmiert, dass beim Reifen der Zelle genau der Zelltyp entsteht, der an diesem Ort gebraucht wird. Bei Stammzellen gibt es diese Vor-Programmierung nicht oder nur eingeschränkt. Sie können zu allen Zellarten reifen (embryonale Stammzellen) oder verschiedene Unterarten eines bestimmtes Zelltypes werden (adulte Stammzellen). Zum Beispiel können adulte neurale Stammzellen sich zwar zu jede Sorte Nervenzellen entwickeln, aber nicht zu Leber-, Knochen- oder Hautzellen.

    Bei Leukämien z. B. wird diese Fähigkeit, bestimmte Zelltypen auszubilden, genutzt, die erkrankten blutbildenden Zellen abzutöten und durch gesunde Spenderzellen zu ersetzen.

    Stammzelltherapie – interessante Ansätze

    In der Herz-Kreislauf-Medizin könnten Stammzellen dafür genutzt werden, nach einem Herzinfarkt Schäden im Herzmuskel „auszubessern“ oder neue Herzkranzgefäße wachsen zu lassen.

    So zumindest stellte man das sich das vor. Was bei Tierversuchen auch gut zu klappen schien, funktionierte beim Menschen jedoch nicht so gut. Also schauten die Forscher noch einmal genauer hin. Sie stellten fest, dass die injizierten Stammzellen keine neue Herzmuskelzellen bildeten, stattdessen löste die Injektion eine begrenzte Entzündungsreaktion aus, die das Herz dazu anregte, in einer Wundheilungsreaktion an der Injektionsstelle neue Herzzellen zu bilden. Denselben Effekt kann man aber auch mit anderen Substanzen auslösen, so vermuten die Forscher und arbeiten seitdem an diesem Ansatz.

    Mit Kardialen Vorläuferzellen – das sind Zellen, die aus Stammzellen entstehen und bereit vorprogrammiert sind – scheint die Herzreparatur aber doch zu funktionieren. Tatsächlich wanderten diese Zellen im Laborversuch in den geschädigten Bereich ein und reparierten diese Stelle, während sie gleichzeitig die Bildung von hartem Narbengewebe verhinderten.

    Aktuell läuft eine Studie mit einem „Herzpflaster“, das aus Stammzellen gezüchtet wird. Dieses soll keine Wunde verschließen, sondern liefert zusätzliche Herzmuskelzellen, die Herzen mit hochgradiger Insuffizienz unterstützen sollen. Das „Pflaster“ ist ein wenige Zentimeter großes, flaches Gewebestück, das im Labor aus Bindegewebe und schlagenden Herzmuskelzellen gezüchtet wird und auf die geschwächte Herzwand aufgenäht wird, um diese zu kräftigen.

    Vor Kurzem meldeten deutsche Forscher, dass es ihnen erstmals gelungen ist, bei starkem Lungenhochdruck eine deutliche Verbesserung mittels Stammzellen zu erzielen. Bei einem Lungenhochdruck sind die Lungengefäße so verengt, dass das Herz mit erhöhtem Druck arbeiten muss, um das Blut durch den Lungenkreislauf zu pumpen. Dies schädigt die Blutgefäße und überlastet die rechte Herzkammer.  Ein dreijähriges Mädchen mit Lungenhochdruck wurde ein halbes Jahr lang insgesamt fünfmal mit Stammzellprodukten behandelt, die aus einer menschlichen Nabelschnur gewonnen worden waren. Nach sechs Monaten zeigte sich eine deutliche gesundheitliche Verbesserung, unerwünschten Nebenwirkungen gab es nicht. Da diese Behandlung aber nicht die Ursachen der Erkrankung beseitigt, muss sie wahrscheinlich in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Inwieweit eine Behandlung mit Stammzellen auch für andere Patienten mit Lungenhochdruck funktioniert, wird sich zeigen.

  • Gentherapie

    Wie funktionieren Gene?

    Im Zellkern liegen in Form von Desoxyribonukleinsäure (DNA) die Informationen vor, wie die Zelle gebaut sein und wie sie funktionieren soll. Eine solche Informationseinheit nennt man Gen. Die Information wird mittels Ribonukleinsäure (RNA) abgelesen und dorthin transportiert, wo sie in der Zelle gebraucht wird.

    Was ist eine Gentherapie?

    Bei einer Gentherapie werden – wie der Name bereits nahelegt – die Gene im Zellkern verändert, indem dort DNA-Teile eingefügt, stillgelegt, umgebaut oder entfernt werden. Wenn sich die Zelle teilt, gibt sie diese erworbene DNA an ihre Tochterzellen weiter. Behandlungen, die nur Einfluss auf die außerhalb des Zellkerns befindlichen RNA haben, zählen nicht zu den Gentherapien, denn diese Veränderungen sind nicht dauerhaft. Die neue RNA baut sich genauso wie natürliche RNA nach und nach ab, sie wird nicht an die Tochterzellen weitergereicht.

    Günstig wirkt sich in Sachen Gentherapie aus, dass der Mensch fast jedes Gen doppelt hat – einmal die vom Vater ererbte Variante, einmal die mütterliche Version. Wenn nur eine Version schadhaft ist und Störungen verursacht, kann es ausreichen, diese auszuschalten, sodass das gesunde Gen „die gesamte Arbeit macht“.

    Ansätze und Beispiele für Gentherapien

    Naheliegend ist es, Erbkrankheiten zu behandeln, indem man die Ursache der Krankheit – das fehlerhafte Gen – repariert, ein gesundes Gen einfügt oder/und das kranke Gen ausschaltet. Die Herausforderung besteht in zwei Dingen: Genau das schadhafte Gen – und zwar nur dieses – zu „treffen“ und durch den Eingriff in das komplexe System der Zellfunktionen nicht unerwünschte Nebenreaktionen auszulösen.

    Bei den schweren Erbkrankheiten Sichelzellanämie und der Beta-Thalassämie ist die Hämoglobinbildung defekt, sodass Betroffene bisher eine Stammzelltransplantation oder lebenslange Bluttransfusionen benötigen. Nun konnten deutsche Mediziner erste Erfolge mit einer Behandlung mittels CRISPR/Cas9-Therapie erzielen. Dazu werden den Patienten Blutstammzellen entnommen, im Labor durch die sogenannte Genschere CRISPR/Cas9 genetisch verändert und dann zurückimplantiert. Die im Rahmen der Studie erfolgreich behandelten Patienten benötigten seither keine Transfusion oder Transplantation mehr.

    Auch die Blutgerinnungsstörung Hämophilie A kann inzwischen mit einer Gentherapie behandelt werden, bei der ein korrektes Gen des fehlenden Gerinnungsfaktors in Leberzellen eingeschleust wird. Die Leberzellen produzieren daraufhin diesen Faktor und setzen ihn in das Blut frei, wo er den Ablauf einer normalen Gerinnungsreaktion ermöglicht.

    Intensiv geforscht wird international an Therapien zu Behandlung der Herzschwäche. Ziel ist es, in den Zellen die Produktion von Wachstumsfaktoren anzukurbeln, was dann zu einer Regeneration und Kräftigung des Herzmuskels führen soll. Streng genommen sind das allerdings keine Gentherapien, denn dabei wird nicht die DNA im Zellkern verändert. Man schleust vielmehr die RNA in die Zelle ein, die in der Zelle wäre, wenn die DNA-Ablesung wie gewünscht funktionieren würde.

    In der Krebstherapie geht man noch einen anderen Weg. Statt in den die Krebszellen die erkrankten Gene auszuschalten, die für das für das übermäßige Wachstum verantwortlich ist, stattet man die Immunzellen des Körpers mit neuen Rezeptoren aus, sodass diese die Krebszellen erkennen und bekämpfen können.

Während die Stammzelltherapie schon längere Zeit eingesetzt wird, steckt die Gentherapie noch in den Kinderschuhen. Die Zusammenhänge zwischen einzelnen Genen und dem Geschehen in der Zelle sind zum Teil sehr komplex, die Verfahren technisch anspruchsvoll – darum werden vor allem Erkrankungen ins Visier genommen, für die es bislang keine oder keine befriedigende Therapie gibt.